Mo., 23.01.17 | 04:50 Uhr
Das Erste
Frankreich: Hilfe für die Gendarmerie
Sie wirken alle ein bisschen jung für den Job, und alle sind ein bisschen durcheinander. Zwischen 17 und 27 Jahre alt, haben sie sich freiwillig zur neuen französischen Nationalgarde gemeldet – einer Reservistentruppe zur Verstärkung der Gendarmerie. Die ist durch den Ausnahmezustand und die Terrorbedrohung an die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit gelangt.
Ausbildung im Trainingscamp
Noch sind nicht alle Reservisten da. Doch dann kommen sie schon – nicht weniger durcheinander als die, die schon verzweifelt versuchen, in Reih und Glied zu stehen. Zwei Drittel Männer, ein Drittel Frauen. Erste Übung für alle: Gleichschritt. Die "Mädchen", wie der Ausbilder sie nennt, zeigen jetzt, was sie eigentlich von der Reservistenausbildung erwarten: Feuern aus allen Lagen.
Eine, die sich freiwillig gemeldet hat, ist July, 26, Kindergärtnerin, alleinerziehende Mutter. Alle im Trainingscamp dürfen wir aus Sicherheitsgründen nur mit Vornamen nennen. Kurze Einweisung durch den Ausbilder. Das Laden der Dienstwaffe? Na ja…
Und schon sind die Hilfs-Gendarmen im Einsatz – wenn auch nur zur Übung. Nach einem Raubüberfall auf eine Sparkasse sollen sie Autos kontrollieren. Die Ausbilder führen genau Protokoll. Anschließend werden alle Freiwilligen bewertet – streng bewertet, sagt der Ausbilder.
Nach dieser Übung ist Ausbildungsschluss. Daheim wartet schon Söhnchen Eleo. "Mein Sohn ist vier. Ich hoffe, er wird stolz auf mich sein, wenn er seine Mutter in Uniform sieht."
Viele Einrichtungen sind besonders gesichert
Eleo geht in den Kindergarten. Auch der ist im Zuge des Ausnahmezustands besonders gesichert. Niemand darf ins Gebäude – auch die Eltern nicht.
Wenn die Mama Reservisten-Einsätze haben wird, dann muss Eleo zum Vater. Der ist zum Glück einverstanden mit Julys Engagement – genauso wie ihr jetziger Freund, der ist nämlich selbst Gendarm. Es ist inzwischen Weihnachten, vier Monate nach ihrer freiwilligen Ausbildung zur Gendarmen-Unterstützerin im Kampf gegen den Terror.
Dass die Mama zur Polizei geht, das mag Eleo nicht. Die kleinen blau-weißen Autos schon. Auch der Weihnachtsmarkt ist in diesen Tagen besonders gesichert. Eleo merkt davon natürlich nichts. Und July wartet auf ihre Einsätze.
Endlich ein Einsatz für July
Es ist eine Routinefahrt zum großen Einkaufszentrum am Rande der Stadt. Jetzt wird es ernst für July – und man spürt ihre Anspannung. Es geht darum, präsent zu sein, einfach zu zeigen, dass die Polizei da ist.
Nichts mit Pistole, Handschellen und Deckung. July meint: "Na ja, ich wusste ja schon, dass unser Platz nicht da ist, wo die Bösen gejagt werden, sondern einfach nur da zu sein, an Stelle der aktiven Gendarmen, um ihnen solche banalen Aufgaben abzunehmen."
Danach: Verkehrskontrolle. Auch die läuft anders als noch in der Ausbildung geprobt: Führerscheinkontrolle, Fahrzeugpapiere. Keine Sicherung von Kollegen, keine gezückte Waffe, nichts von alledem. Und: Es ist bitterkalt heute.
Wie rund 15.000 andere Freiwillige unterstützt July tapfer weiter Frankreichs Gendarmen, die von ihren zahllosen Einsätzen endlich mal ausruhen müssen. Alltag im Ausnahmezustand.
Mathias Werth/ARD Studio Paris
Stand: 13.07.2019 18:22 Uhr
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