Mo., 14.01.19 | 04:50 Uhr
Das Erste
Griechenland: Chinesen willkommen!
Träumen Sie auch von einem neuen Leben in Griechenland oder der EU? Die Werbung für Nicht-EU-Bürger, prominent direkt vor dem Parlament in Athen. Dieser Einladung folgen viele Chinesen, Russen oder Türken gerne.
Geschäft mit dem goldenen Visa
Wer in Griechenland mindestens 250 Tausend Euro in eine Immobilie investiert, dem liegt die Europäische Union zu Füßen. Preiswerter ist der Europäische Pass in keinem anderen Land. Der Chef von "Enterprise Greece", der weltweit mit dem "Golden Visa Programm" wirbt, bestreitet, dass es so einfach ist. "Es gibt strenge Kontrollen, die durch Botschaften und Banken zur Herkunft des Geldes und der Lebensläufe der Menschen vorgenommen werden. Vergessen sie nicht, dass es Fälle gibt, in denen die Überprüfung zwei Jahre dauert. Es würde mich überraschen, wenn es auch nur einen Fall gäbe, bei dem sich rechtswidrig verhalten wurde und dem trotzdem ein goldenes Visum erteilt worden wäre", sagt Grigorios Stergioulis, CEO Enterprise Greece.
Doch das Geschäft mit den goldenen Visa brummt. Und die Nachfrage wächst stetig. Nikos Sepenzis ist Makler und unterwegs mit seiner chinesischen Geschäftspartnerin. Die Makler erwarten viele Interessenten in Athen.
"Manche Leute, die viel Geld haben, sind sehr an Luxus-Immobilien interessiert, obwohl sie eigentlich nur das goldene Visum haben wollen", sagt Miss Yung. "...die interessiert nicht wirklich das Haus, sie wollen vor allem lediglich die 250 Tausend Euro investieren. Denn das reicht für Reisefreiheit in ganz Europa", so Nikos Sepenzis.
Gefahr für sozialen Frieden?
Eigentlich dürfen die Chinesen nur 50 Tausend Euro pro Person aus dem Land bringen. Aber, das sagen die Makler ganz freimütig, es lassen sich immer Wege finden, die Regel zu umgehen. "Es gibt keine Einschränkungen und Kontrollen in Griechenland. Deshalb ist es auch so einfach: Man muss nur einen guten Agenten haben – entweder in China oder in Griechenland", sagt Nikos Sepenzis.
Weder das chinesische Konsulat noch die Behörde für Finanzgeschäfte, die wegen Geldwäsche ermittelt wollten unsere Fragen dazu beantworten. Wir treffen den Wirtschaftsberater Jens Bastian in Kolonaki, einem reichen Stadtteil von Athen. Hier investieren Chinesen gerne, aber die Wohnungen stehen dann oft leer. Und das meint Bastian, gefährde auf Dauer auch den sozialen Frieden. Schwer zu begreifen, dass Alexis Tsipras das fördere.
"Linksradikal ist Tsipras nicht mehr, wenn er es überhaupt wirklich war, außer rhetorisch. In der Praxis sieht das anders aus. Er hat verstanden, dass er hier eine Art Goldgräbermentalität mit Blick auf das goldene Visa Programm auch befördern kann. Es bringt nicht nur Investitionen, möglicherweise auch Steuereinnahmen in die Kasse. Und er kann sich ins Schaufenster stellen: Als ein Baumeister, der dieses Land aus seiner Sicht stabilisiert hat, der aber auch das Land geöffnet hat für ausländische Investitionen", so Jens Bastian, Wirtschaftsberater.
Erfolgreiche Einnahmequelle in EU Mitgliedstaaten
Knapp Zehntausend Pässe wurden in den vergangenen fünf Jahren ausgestellt – und damit ungefähr eine Milliarde Euro in die griechische Kasse gespült. "Ja, Griechenland bekommt wieder Investitionen, Griechenland hat zum Beispiel auch – nicht nur von Chinesen – von Russen, von Türken Investitionen in dieses goldene Visa Programm. Aber der Ursprung dieses Geldes, auch der Leumund derjenigen, die diese Immobilien hier kaufen, zum Beispiel aus China – da muss nachgeprüft werden. Da sind viel zu wenig Fragen gestellt worden", so Jens Bastian.
Korruption, Geldwäsche, Kapitalflucht, Steuerhinterziehung – so lautet der Vorwurf im Zusammenhang mit dem Verkauf von Pässen. Dennoch ist das Geschäft in vielen EU Mitgliedstaaten zur erfolgreichen Einnahmequelle geworden. Giorgos Kyrtsos sitzt im EU Parlament für die konservative Nea Demokratia. Seine Partei hat damals das Golden Visa Programm auf den Weg gebracht. Heute fordert er mehr Kontrolle aus Brüssel.
"Die Lage ist verworren: Einerseits erkaufen sich welche den Aufenthalt in der EU und auf der anderen Seite gibt es jene, die in Not sind, die entweder politisch oder ökonomisch unterdrückt werden und in die EU kommen wollen, aber dort nicht willkommen sind", erzählt Giorgos Kyrtsos, Abgeordneter im EU-Parlament.
Das ist Globalisierung – finden die Immobilienmakler. Sepenzis kann daran nichts Verwerfliches finden. Geld regiere eben die Welt.
Autorin: Ellen Trapp/ARD Studio Rom
Stand: 12.09.2019 09:32 Uhr
Kommentare