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Iran: Faustpfand mit doppelter Staatsbürgerschaft

Iran: Faustpfand mit doppelter Staatsbürgerschaft | Bild: picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Mariam Claren ist eine Kämpferin, wenn auch unfreiwillig. Seit dem Tag, an dem ihre Mutter Nahid im Iran festgenommen wurde, ist ihr Leben komplett anders: Demos, Kampagnen und Treffen mit Politikern gehören jetzt zu ihrem Alltag.
Am 16. Oktober 2020 wird ihre damals 66-jährige Mutter Nahid während eines Aufenthalts im Iran festgenommen. Die Justiz wirft ihr unter anderem Propaganda gegen den Staat vor. Die Deutsch-Iranerin kommt ins berüchtigte Evin-Gefängnis, wo vor allem politische Häftlinge sitzen. Dort bleibt sie sieben Monate in Isolationshaft. Es folgt ein Scheinprozess, zu dem kein selbstgewählter Anwalt zugelassen wird. Sie wird zu zehn Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

London

Hier lebt Nazanin Zaghari-Ratcliffe. Sechs Jahre war sie im Iran inhaftiert. Auch sie besitzt zwei Pässe, den britischen und den iranischen. 2016 wird sie während eines Familienbesuchs mit ihrer damals zweijährigen Tochter festgenommen. Es beginnt ein Alptraum: Trennung von der Tochter, wochenlange Verhöre, wechselnde Vorwürfe, die sie alle abstreitet. Das Regime sucht nach einem Grund - und greift zu allen Mitteln. Auch sie kommt in Isolationshaft, neun Monate lang.
Irgendwann wird klar, was das Regime in Teheran im Austausch für sie will: Es geht um Altschulden des Vereinigten Königreichs aus den 70er Jahren. 2022, sechs Jahre nach ihrer Inhaftierung, kommt es zu einem Deal: Nazanin kommt gegen die Zahlung von mehr als 350 Millionen Euro frei.

Was möchte die Islamische Republik mit der Inhaftierung von Nahid Taghavi erreichen? Beobachter glauben, die 69-Jährige diene als generelles Druckmittel auf Deutschland, zum Beispiel beim Thema Menschenrechte. Im Herbst 2022 brechen im Iran unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" landesweite Proteste gegen das Regime aus, die brutal niedergeschlagen werden. Die deutsche Außenministerin Anna-Lena Baerbock beantragt daraufhin vor der UN eine Untersuchungskommission. Die Quittung in Richtung Deutschland folgt prompt. Tochter Mariam Claren: "Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt in einem langzeitmedizinischen Hafturlaub. Keine 24 Stunden später musste sie zurück ins Gefängnis. Und das Gleiche haben wir noch mal erlebt Anfang diesen Jahres."

Gleich soll der Anruf ihrer Mutter kommen. Mariam ist davor jedes Mal angespannt. Ihre Mutter erzählt, dass die Zellen derzeit immer voller werden, da das Regime momentan besonders heftig gegen Frauen vorgehe, die das Kopftuch nicht mehr tragen. Nach rund zehn Minuten ist der Anruf vorbei. Immerhin: Der Mutter geht es so weit gut.
Doch der Druck der Bundesregierung auf Teheran sei viel zu gering, kritisiert Mariam. Weiterhin sei Deutschland EU-weit der größte Handelspartner des Iran und es gebe zu wenig Konsequenzen für die iranische Machtelite.

Autorinnen: Katharina Willinger, Annette Dittert und Judith Schacht

Stand: 05.05.2024 19:40 Uhr

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