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Israel: Mit dem Geheimdienst gegen Corona

Israel: Mit dem Geheimdienst gegen Corona | Bild: BR

Tel Aviv, "die Stadt, die nie still steht", lautet ein Werbeslogan aus der Zeit vor Corona. Jetzt wirkt die sonst so lebhafte Metropole oft wie ausgestorben. Nur noch zur Arbeit oder zum Einkaufen gehen ist erlaubt. Überdies dürfen sich die Menschen maximal hundert Meter weit von ihrem Wohnsitz entfernen – Lebensmittellieferanten ausgenommen.

Im Kampf gegen Corona hat Israel vergleichsweise schnell und durchaus erfolgreich rigorose Maßnahmen getroffen. Doch wie weit darf eine Regierung dabei noch gehen?

Der Geheimdienst gegen den Coronavirus

Übernacht hat Premier Netanjahu die Polizei und den Geheimdienst Shin Bet eingeschaltet, um die Ausbreitung der Pandemie abzubremsen. Durch die Ortungsdienste von Mobiltelefonen können die Sicherheitsbehörden nahezu jede Bewegung der Menschen verfolgen: Die Behörden werten die Ortungsdaten der Handys von Corona-Patienten aus und können so ermitteln, mit wem sie wo und wann in den letzten zwei Wochen in Kontakt standen. Alle Kontaktpersonen bekommen dann vom Gesundheitsministerium eine SMS mit der Aufforderung, dass sie sich sofort in häusliche Quarantäne begeben müssen.

Auch Inbar Bezek wurde mit dieser SMS in Quarantäne geschickt. Sie kann mit uns deshalb nur über Videoanruf reden. Die Handyüberwachung ist für sie ein zu großer Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte, auch weil sie überzeugt ist, dass sie keinen Kontakt zu Infizierten hatte. Im fraglichen Zeitraum sei sie zuhause gewesen. Sie vermutet, dass ein Infizierter an ihrer Gartenmauer vorbeigefahren ist.

Dass dafür die Überwachungsmethoden des Shin Bet zum Einsatz kommen, ist für den Geheimdienstexperten Ronen Bergmann, Autor des Spionagewerkes "Der Schattenkrieg", eine Art Tabubruch, denn bisher hatte die Regierung nur im Kampf gegen Terroristen und Schwerverbrecher Zugang zur digitalen Überwachung des Geheimdienstes – Bergman hat aufgedeckt, dass der Shin Bet offensichtlich schon lange vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie angefangen hat, sämtliche Handy- und Internetdaten aller Israelis zusammen.

Öffentliche Bewegungsprofile

Die Bewegungsdaten von Corona-Patienten werden nun auch veröffentlicht - ohne ihren Namen zu nennen. Auf der Internetseite des israelischen Gesundheitsministeriums kann jeder genau nachverfolgen, wo sich Infizierte wann in der Öffentlichkeit aufgehalten haben. Die Bürger können diese Daten dann freiwillig mit ihrem eigenen Bewegungsprofil abgleichen lassen. So wird ihnen automatisch angezeigt, ob sie am selben Ort wie Infizierter waren.

Auch um die Einhaltung der Quarantäne zu kontrollieren, wenden die Sicherheitskräfte Handyüberwachung an: Wer sich in Quarantäne befindet, muss mit Hausbesuchen der Polizei rechnen. In Schutzanzügen überprüft sie, ob die Betroffenen die Isolationsmaßnahme auch wirklich einhalten.

Eines Tages wird die Corona-Krise vorbei sein. Aber die technischen Möglichkeiten, uns zu überwachen, bleiben. Die Diskussion darüber, wie es nach Corona um unsere Privatsphäre bestellt sein wird, ist im technologiefreundlichen Israel bereits entfacht.

Autor: Mike Lingenfelser, ARD Tel Aviv

Stand: 07.04.2020 17:47 Uhr

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