So., 29.01.23 | 18:30 Uhr
Das Erste
Italien: Projekt "Schildkröte"
Gut gelaunt beginnt Giulia um sieben Uhr morgens ihren Arbeitstag in einem ganz besonderen Bed and Breakfast. Giulia arbeitet lieber im Hintergrund, sie ist sehr schüchtern und viele Menschen machen sie nervös – eine Herausforderung bei ihrem Job.
Luca dagegen genießt den Kontakt mit den Kunden und ist gerne im Service tätig, unterhält sich mit den Gästen und berichtet auch stolz davon, was sie hier machen. Die Teamleiterin ist immer mit dabei in der Schicht, aber sie mischt sich nicht ein: Luca und Giulia sollen es allein schaffen. Auch wenn dann manches etwas länger dauert.
Arbeiten in der echten Welt
Das ist das Entscheidende an dem Projekt: es ist keine soziale Behindertenwerkstatt, sondern die "Schildkröten-Oase" arbeitet nach wirtschaftlichen Kriterien und soll sich am Ende auch rechnen. Ihre Mitarbeiter müssen sich qualifizieren und in einem Bewerbungsverfahren bestehen. Dann bekommen sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Hinter dem Schildkröten-Projekt stehen Giulias Eltern. Sie haben eine Genossenschaft gegründet, die dann diese Immobilie erworben hat. Beide hatten zuvor keine Ahnung vom Hotelgewerbe, aber den festen Willen, für Giulia und andere etwas aufzubauen.
Projekte wie das Bed and Breakfast in Genua werden zwar staatlich gefördert und unterstützt, aber häufig ist es die Initiative der Familie, die so etwas zum Laufen bringt.
Giulias Vater Enrico Pedemonte ist auch noch lange nicht fertig. Als nächstes will er im Erdgeschoss eine Konditorei mit glutenfreien Produkten eröffnen, denn viele Menschen mit Down-Syndrom vertragen kein Gluten: "Das Ziel ist, eine permanente Ausbildungsstätte hier zu schaffen, um viele Menschen mit Down-Syndrom auszubilden und dann die Eingliederung dieser jungen Leute in andere Arbeitsplätze zu erleichtern."
Giulias Arbeitstag geht für heute zu Ende: "Ich gehe jetzt tanzen! Aber morgen will ich wieder arbeiten – morgen."
Autorin: Anja Miller, ARD Rom
Stand: 29.01.2023 23:19 Uhr
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