So., 21.06.20 | 19:20 Uhr
Italien: Gratis Urlaub für Corona-Helden
Ganz vorsichtig, anfangs sehr zögerlich, dann doch. Denn umarmen sei doch in Zeiten von Corona gar nicht erlaubt, sagt Giovanni Pedrotti. Der Arzt arbeitet auf einer Intensivstation. Das heißt: Die vergangenen drei Monate kämpfte er an vorderster Front gegen Covid19.
Die Wiederentdeckung der Langsamkeit
"Die Sorge, die ich täglich hatte, verfliegt. Und hier habe ich die Möglichkeit einfach mal an nichts zu denken", erzählt Giovanni Pedrotti, Oberarzt Intensivstation Rovereto. Die Wiederentdeckung der Langsamkeit, frische Luft, Ruhe – darauf hat sich Giovanni Pedrotti gefreut. Sara Zappini ist sein erster Tourguide. Und auf dem Barfuß-Parcour gehen die Beiden nicht nur über Stock und Stein, sondern auch durch ungefähr vier Grad kaltes Wasser. Der Intensivmediziner erlebt einen Moment der Freiheit.
"Mir kam der Gegensatz in den Kopf: Jetzt barfuß laufen und meinen Körper berühren. Zuletzt im Krankenhaus: Ich mit Schutzmaske, -brille, -anzug, - der Kappe, die Schutzhüllen über den Schuhen. Ich durfte nichts anfassen, um mich nicht anzustecken. Hier hingegen kann ich das alles machen. Das ist wunderschön", so Giovanni Pedrotti.
Das freut die beiden Schwestern, in deren Hotel der Arzt wohnt. Sie wollen aus erster Hand erfahren, wie das alles in der Klinik ablief. Pedrotti hat sich bei der Arbeit gefilmt: OPs wurden zu Intensivstationen umgebaut. Menschen konnten nicht mehr atmen. Viel Arbeit und natürlich auch viel Angst.
"Angst habt nicht nur ihr gehabt, sondern auch wir. Am Anfang hatten wir keine Ahnung. Wir wussten ja nicht mal, wie sich das Virus überträgt, wir hatten nur wenig Informationen", sagt Giovanni Pedrotti.
Die Zeit hat bei allen Spuren hinterlassen
Die Helden des Alltags, Ärzte und Pflegepersonal, haben dieses kleine Geschenk mehr als verdient, findet Antonietta Dallaserra, Und die Nachfrage ist riesig. "Wir haben ungefähr 200 Anfragen bekommen, alle auf einmal. Das war viel Arbeit, denn ich wollte ja alle Mails beantworten. Noch immer rufen sie an, ob wir noch freie Plätze haben", erzählt Antonietta Dallaserra, Hotel Al Fontanin. 'Ihr seid das bessere Italien' – eine große Aktion der Solidarität, die vom Val di Sole ausgeht. Und die mit mehr als 5000 Anmeldungen auf fruchtbaren Boden fällt.
Auch Fabbio Sacco vom Tourismusverband will den Helden in seiner Heimat willkommen heißen. Ihm persönlich "Dankeschön" sagen, in der Hoffnung, dass von nun an alles bergauf geht.
"Die Zeit hat bei allen Spuren hinterlassen. Speziell in Italien, aber auch im Rest der Welt. Und gleichzeitig hat es auch etwas Positives gehabt. Die Herausforderung ist jetzt, das zu bewahren und auszubauen", so Fabbio Sacco, Tourismusverband Val di Sole.
Gemeinsam die Regeln beachten
Giovanni Pedrotti fühlt sich geehrt. Er erzählt auch von unzähligen Geschenken, Torten und Briefen, die ihnen ins Krankenhaus gebracht wurden. Das alles hat ihn weiterkämpfen lassen. "Wir Ärzte dachten im Jahr 2020, dass wir alles heilen können. Stattdessen hat uns ein banales Virus - ich sage banal - erschüttert. Und es hat uns gezeigt, dass wir noch viel lernen müssen", erzählt Giovanni Pedrotti.
Klar ist: In Zeiten der Corona-Pandemie sitzen alle im gleichen Boot. Das findet auch Pedrotti: Und nur wenn alle gemeinsam jetzt die Regeln beachten, wird die zweite Welle Italien vielleicht verschonen.
Autorin: Ellen Trapp/ARD Studio Rom
Stand: 21.06.2020 20:37 Uhr
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