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Israel: Verfolgte Christen in Jerusalem

Israel: Verfolgte Christen in Jerusalem | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Saeed Qaq

Abt Nikodemus Schnabel bei seinem täglichen Gang durch die Altstadt Jerusalems. Er möchte zum Aussichtspunkt vor der Klagemauer. In den Gassen vermischen sich die Touristen mit den Bewohnern der Stadt: Muslime, Juden, Christen. Plötzlich dreht der Benediktinermönch um, ist stinksauer: "Ja, es ist gerade passiert, dass ein junger Radikaler mich angespuckt hat. Und dann hat er realisiert: die haben eine Kamera dabei. Dann fing er an: 'Willst du eine Falafel…' Hin und her, als wäre nichts gewesen."

Demonstrative Intoleranz

In der multireligiösen Stadt Jerusalem leitet Abt Nikodemus den katholischen Benediktinerorden. Fanatische Juden wollen, dass er verschwindet, und sie zeigen es dem Abt demonstrativ. Trotz unserer Anwesenheit spuckt ihm ein Orthodoxer Jude vor die Füße.
Das Provozieren von Christen in Jerusalem ist Alltag geworden. Gleichzeitig verliert die Altstadt ihre christlichen Bewohner. Nationalistische jüdische Siedler kaufen die Häuser der verschiedenen christlichen Konfessionen.

Die Dormitio-Abtei des Benediktiner-Ordens auf dem Berg Zion zählt zu den bedeutendsten Gebäuden in Jerusalem. Nikodemus und seine 12 Brüder sorgen sich um die heilige Stätte, betreuen Pilger und unterstützen das Miteinander der Religionen. Der Berg Zion ist Ort unterschiedlicher religiöser Ansprüche: Für die Christen ist er der Ort des letzten Abendmahls Jesu. Juden und Muslime hingegen verehren hier das Grab von König David.
Am See Genezareth haben die Benediktiner erlebt, was religiöser Fanatismus anrichten kann: Am 18. Juni 2015 setzen radikale Juden das Benediktinerkloster Tabgha in Brand. Damals verurteilt die israelische Regierung den Anschlag unmissverständlich.
Heute ist die Situation anders, sagt Abt Nikodemus Schnabel: "Was wir merken, und da bin ich nicht allein, ich tausche mich auch mit den anderen christlichen Konfessionen aus, ist wirklich dieser sprunghafte Anstieg dieser Hasserfahrung, die wir alle machen mit der neuen Regierung. Und wir haben in der Regierung Menschen, die dieser Bewegung nahestehen, beziehungsweise aus dieser Bewegung erwachsen sind."

Symbol Ölberg

Gegenüber vom Jerusalemer Tempelberg erhebt sich der Ölberg – eines der bedeutendsten Heiligtümer des Juden- und des Christentums. Hier steht das evangelische Auguste-Victoria-Krankenhaus, Anlaufstelle für rund 5,3 Millionen Palästinenser. Mehrere christliche Konfessionen haben Kirchen und Klöster auf dem Ölberg. Nun will die Regierung Netanjahu große Teile dieser Besitztümer als Nationalpark ausweisen. Die Christen fürchten die versteckte Enteignung, wenn jüdische Siedler, wie schon an anderer Stelle, die Kontrolle über den Park bekommen. Die christlichen Kirchen Jerusalems haben gegen den Plan der Regierung Netanjahu mit einem offiziellen Brief protestiert. Christliche Konfessionen im Ausland unterstützen sie dabei.

Abt Nikodemus zeigt uns noch den kleinen Friedhof der Benediktinerabtei. Auch dieser wurde in der Vergangenheit verwüstet. Für radikale Juden sind Kreuze eine Schande. Und für sie liegt genau hier auf dem Berg Zion das Grab des jüdischen Königs David.

Autor: Bernhard Niebrügge, ARD Tel Aviv

Stand: 01.10.2023 22:16 Uhr

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