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Kanada: Die letzten Urwälder der Cree-Indianer

Kanada: Die letzten Urwälder der Cree-Indianer | Bild: ARD

Der Held dieses Filmes ist alt – uralt. Keine einzige Straße führt zu ihm hinein, kein Weg – Urwald, unberührte Wildnis am Broadback River, wie es sie selbst im waldreichen Kanada kaum noch gibt. Wer hier hinwill, muss lange anreisen, vorbei an riesigen Papiermühlen: Rohstoff, damit wir in Deutschland die Zeitung auf Papier lesen können. Vorbei an Trucks, die die geschlagenen Bäume zu den Mühlen transportieren.

Mandy Gull
Mandy Gull | Bild: Bild: BR

Die Heldinnen dieses Films sind engagierte Frauen: Mandy, Häuptling der Waswanipi-Cree, und Sandra, die Aktivistin von Greenpeace Deutschland. Sie wollen die letzten Reste des Urwaldes im Reservat retten. Mandy Gull sagt: "Der Wald, von dem wir sprechen, bedeutet uns Cree sehr viel. Er ist ein Geschenk der Natur. Wir wollen ,dass dieser letzte Rest Urwald geschützt wird, für uns und unsere Kinder."

Urwald wird zur Zeitung

Sandra Hieke weist auf die Besonderheit der Wälder hin: "Für mich ist das unvorstellbar, dass diese Wälder in dieser Region, die noch zu den letzten intakten borealen Wäldern gehören, bei mir als Zeitung auf dem Frühstückstisch landen."

Die Stromschnellen des Broadback Rivers, im Herzen des Urwaldes im Norden des Waswanipi-Reservates: gute, starke Bäume - nur zu gerne würden die großen Holzfirmen hier einschlagen. Das Land gehört den Cree nicht. Jede Firma, die hier an die Bodenschätze will, kann ihre Ansprüche beim kanadischen Staat anmelden.

90 Prozent der Wälder im Reservat sind schon abgeerntet, auf einer Fläche fast so groß wie Nordrhein-Westfalen. Einer der Hauptakteure dabei die Firma Resolu, lange Jahre Papierlieferant für den deutschen Springer-Konzern.

Die Cree und die Wälder

Mandy Gull über das Verhältnis der Cree zu den Wäldern: "Wir haben hier von Alters her Rechte, aber das macht uns nicht zu Eigentümern des Landes. Wir dürfen hier jagen und fischen. Dass abgeholzt wird, können wir letztlich nicht verhindern."

Don Saganash
Don Saganash | Bild: Bild: BR

Don Saganash war der erste Waswanipi-Cree, der gegen die Holzfirmen aufstand. Er bringt uns über den Fluss zu seinem Jagdrevier, mitten im Urwald. Sein Vater, so erzählt er, habe ihn gewarnt. "Die Holzfirmen werden kommen und dann musst du unser Land verteidigen!" Heute hat er Verbündete: Mandy und die Umweltschützer von Greenpeace: "Mein Vater wollte diesen Wald schützen. Deshalb sage ich: Broadback steht nicht zum Verkauf. Die Regierung glaubt doch, ihr gehöre hier das Land, und lässt dann Firmen wie Resolu einschlagen. Die Holzfirmen sind alle gleich – zurück bleibt ein Desaster: Kahlschlag, aufgerissene Böden."

Die Holzfirmen wie Resolu sagen, sie entschädige die Cree, habe hervorragende Kontakte zu ihnen, man wirtschaftete entsprechend der Regeln zertifiziert und nachhaltig und forstete anschließend wieder auf. Sandra Hieke macht aber noch ein anderer Aspekt Sorgen: "Was die Leute nicht wissen, dass durch Entwaldung und die Degradierung von Wäldern, also durch die Forstwirtschaft fast ein Viertel aller Kohlestoffemissionen weltweit freigesetzt werden."

Für Mandy Gull steht die Kultur der Cree auf dem Spiel: "Diese Einschläge schneiden tief in unsere Kultur, unsere Lebensweise unsere Traditionen ein. Ich kann nicht beschreiben, wie tief."

Resolu baut den Wald ab

Die Art und Weise, wie die Firma Resolu die Wälder ausbeutet, hatte Folgen. Resolu wurde das weltweit anerkannte, renommierte FSC-Siegel für nachhaltige Waldbewirtschaftung für großeTeile der Provinz Quebec entzogen. Als einziges Prüfsiegel berücksichtigt FSC den Umgang mit indigenen Völkern. Die Firma Resolu führt seither eine erbitterte Kampagne gegen Greenpeace und wendet sich zur Zeit mit Annoncen wie dieser an die kanadischen Bürger: "Sie haben ein Recht, gehört zu werden: Stoppen sie Greenpeace!"

Resolu hat die Umweltschutzorganisation außerdem wegen Geschäftsschädigung und Verunglimpfung auf Schadenersatz in Höhe von sieben Millionen Dollar verklagt. Uns schreibt das Unternehmen, man habe das FSC-Zertifikat nur in Teilen von Quebec verloren und bemühe sich, es zurückzubekommen. Bezogen auf ganz Nordamerika gehöre man aber immer noch zu den Anbieter von Holzprodukten, die die meisten FSC-Zertifikate für verantwortliches Waldmanagement erhalten hätten.

Erfolg gegen den Papierriesen

Sandra Hieke
Sandra Hieke | Bild: Bild: BR

Sandra Hieke von Greenpeace sieht die Reaktion als Erfolg: "Das, was Resolute, glaube ich, am meisten wehtut, ist, dass in Europa Greenpeace auch ein sehr hohes Ansehen hat, und Kunden, die bei Resolute gekauft haben oder kaufen, natürlich interessiert sind, wie sich Resolute in dieser Sache verhält und ob Resolute bereit ist, mit den Missständen aufzuräumen, auf die Greenpeace aufmerksam gemacht hat."

Die Stromschnellen des Broadback Rivers: "Hier wollen die Holzfirmen eine Brücke bauen", sagt Don. Dickes Moos bedeckt den Waldboden, ganz selten kommen Menschen her. Gemeinsam träumen Mandy, Sandra und Don davon, die letzten Reste dieses Urwaldes, den letzten Rest Cree-Identität unter Naturschutz zu stellen. Mandy Gull hofft: "Es wäre doch wunderschön, wenn Don später mal seinen Kindern erzählen könnte, wie wir erfolgreich sein Jagdrevier verteidigt haben."

Einen Erfolg können die Waswanipi-Cree verzeichnen: Der deutsche Springer-Konzern hat seine Geschäftskontakte zur kanadischen Firma Resolu abgebrochen, will bis auf weiteres kein Papier mehr von der Firma kaufen.

Mandy Gull schließt: "Without the land, we cannot be Cree." Ohne das Land wären sie keine Cree.

Autor: Markus Schmidt, ARD New York

Stand: 18.09.2015 16:53 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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