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Kosovo: Die Kluft zwischen Serben und Albanern

Kosovo: Die Kluft zwischen Serben und Albanern | Bild: picture alliance / NurPhoto | Matteo Placucci

Eine Grundschule in der Kleinstadt Gracanica, unweit der kosovarischen Hauptstadt Pristina. Doch mit dem Kosovo will man hier nichts zu tun haben. Alles dreht sich um das Nachbarland Serbien. Die Schüler schreiben kyrillisch, sprechen Serbisch. Auf der Landkarte existiert der Staat Kosovo gar nicht. Er ist lediglich eine serbische Provinz. Schuldirektor Ljubisa Karadzic und Geschichtslehrerin Mirjana Sojević Stojanović besprechen den Unterricht, denn wir dürfen heute in der Schule filmen. Erst nach langem Zögern macht man eine Ausnahme.
Der Zweite Weltkrieg ist fester Bestandteil des Lehrplans, andere historische Ereignisse werden dagegen ausgeblendet. Der Kosovokrieg 1998/1999 und die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, fehlen im Unterricht.

Serbische Schule im Kosovo

An der Schule bekommen alle Lehrkräfte ihr Gehalt aus Serbien. Sie lehren ihren rund 400 Schülerinnen und Schülern, dass Serbien ihr Mutterland ist. In Gracanica fühlt man sich, als wäre man in Serbien: überall serbische Flaggen und Bilder des serbischen Präsident Vucic.
Etwa 40 Kilometer weiter, im Norden des Kosovo, liegt Mitrovica. Hier ist Enver Tmava unterwegs auf seiner täglichen Einkaufstour. Mitrovica ist zwischen Albanern und Serben geteilt und war schon Schauplatz heftiger Gewaltausbrüche zwischen den Volksgruppen. Enver ist Gastwirt. Er findet es schade, dass viele Serben nicht mit den Albanern in einem gemeinsamen Staat leben wollen, denn er glaubt an ein friedliches Zusammenleben. Sein Gemüse kauft er im serbischen Stadtteil, weil das Angebot das Beste ist.

Envers Lokal liegt direkt an der Brücke auf der albanischen Seite des Flusses. Er hat einige Jahre als Flüchtling in Deutschland gelebt und sich nach dem Kosovo-Krieg hier eine neue Existenz aufgebaut. Sein Restaurant soll ein offenes Haus sein: "Meine Kunden sind alle: Serben, Bosnier, internationale Leute, Leute von Botschaften, Delegationen, sie kommen alle in unser Restaurant."
Gegen Mittag kommt Jovana vorbei. Sie ist Serbin und geht oft in Envers Restaurant. Heute holt sie sich eine Pizza ab: "Meistens bringen sie mir Essen, was mir wegen der Arbeit sehr hilft, da ich nicht oft ausgehen kann. Aber wann immer ich die Zeit habe, überquere ich die Brücke, mein Büro ist sowieso sehr nah."

Im Kosovo leben fast zwei Millionen Menschen. Die Mehrheit der Kosovaren sind Albaner. Etwa 130.000 sind Serben. Sie leben im Norden um Mitrovica und in einzelnen Gemeinden. Den instabilen Frieden sichert die NATO mit 4300 KFOR-Soldaten. 117 Staaten haben den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt, darunter die USA. Einige Staaten, darunter Russland und Spanien, erkennen den Kosovo nicht an.

Zurück nach Gracanica. In der Schule ist der Unterricht zu Ende. Die Schule will die Kinder zu patriotischen Serben erziehen. Doch werden viele junge Menschen nach ihrer Schulzeit den Kosovo verlassen. Manche gehen nach Serbien, andere in die Europäische Union. Hier in ihrer Heimat sind die Zukunftschancen schlecht.

Autor: Nikolaus Neumaier, ARD Wien

Stand: 24.03.2024 19:34 Uhr

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