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Mexiko: Wie Trump das Leben der Menschen bestimmt

Mexiko: Wie Trump das Leben der Menschen bestimmt | Bild: picture alliance

Sie sammeln Kraft und Wärme für ihre lange Reise, ihre lange Reise von Mexiko in die USA, die jetzt beginnt. Monarchfalter sind freie Wanderer zwischen beiden Ländern, für sie gibt es keine Grenzen….

Grenzzaun am Meer
Grenzzaun am Meer | Bild: BR

Die Menschen sind nicht so frei. In Tijuana, an der Grenze zu den USA, ragen Mauern symbolisch sogar ins Meer. Doch das soll noch nicht genug sein, wie Donald Trump im Wahlkampf versprach: "Wir werden eine unzerstörbare, große, mächtige, schöne Mauer im Süden erreichten." Nach einem Jahr Trump gibt es diese Mauer noch nicht; allein erste Modelle ragen in die Höhe, in Sichtweite für Mexikaner – natürlich.

Eine unüberwindbare Grenze

Marlene und José verabschieden sich.
Marlene und José verabschieden sich. | Bild: BR

Für José Chavez aber gibt es bereits eine unüberwindliche Grenze. Das Ehepaar ist spät dran; Marlene arbeitet in den USA, der Heimat von beiden. José aber kommt nicht mehr rein: "Ich fühle mich eingeschränkt… ohnmächtig, ja, das ist das Wort." Josés Mutter brachte ihren Sohn als Kind illegal von Mexiko in die USA. Unter Obama bekam er die Chance als "Dreamer" einen legalen Status zu erlangen: "Dieses Gefühl: richtige, legale Papiere. Das öffnet so viele Türen. Du kannst sogar reisen." Und José reiste: ein Jahr Guatemala für sein Studium, ganz legal mit Genehmigung. Was der 24-Jährige nicht wusste: Die Zahl der Ein- und Ausreisen war begrenzt. Und seit Trump werden die Regeln streng angewendet. Die US-Einwanderungsbehörde wird schon bald über sein Schicksal entscheiden. José Chavez macht sich Sorgen: "Einen kleinen Fehler können sie zu einem großen Problem machen. Die Beamten sind mehrheitlich konservativ. Es würde mich nicht wundern, wenn der Beamte, der jetzt meinen Fall bearbeitet zum Trump- Lager gehört. Ja, das macht mich nervös."

Leben in einer fremden Heimat

José Chavez
José Chavez | Bild: BR

Ein Beamter wird entscheiden, ob José jemals wieder in den USA leben kann. Bis dahin entdeckt er in Tijuana ein Land, das ihm auch nach sechs Monaten fremd ist: "Ich fühle mich fremd, weil ich muss alles neu lernen. Wo ist was? Ich muss alles erfragen. Also ehrlich gesagt, es stimmt, ich fühle mich echt seltsam."

Sehnsuchtsort USA – noch immer: Mit der Polizei unterwegs im Morgengrauen. Das Grenzgebiet ist weites, undurchsichtiges Land. Ein mexikanischer Polizist erklärt uns: "Es ist ein gefährliches Gebiet hier. Hier arbeiten Menschen, die mit Menschen handeln. Wir können auf Bewaffnete treffen." Allein wegen der Drohungen Trumps ist die Angst der Menschenhändler vor Strafen größer. Der Finger könnte schneller am Abzug sein. Sogar die Polizei will anonym bleiben.

Flüchtlinge unterwegs

Xenia Böttcher und Polizist
Xenia Böttcher und Polizist | Bild: BR

Das noch immer illegale Migranten die alte Mauer überklettern, davon zeugt was sie zurücklassen: "Den Putzlappen wickeln sie sich um die Füße, so hinterlassen sie keine Spuren dort, wo sie über die Grenze gehen." Viele waren es wohl nicht. Aus Angst vor Trumps harter Hand verharren die Migranten länger oder dauerhaft in Mexiko. Insofern hat der US-Präsident doch erfolgreich eine Mauer gebaut. Allein mit Worten. Von der anderen Seite des Grenzzauns ruft ein US-Polizist: "Stopp! Keine Bewegung!" Sein mexikanischer Kollege antwortet: "Alles gut! Wir sind es, eure Kollegen."

US-Amerikaner suchen ein besseres Leben

Michael Nuschke
Michael Nuschke | Bild: BR

Nun, auch US-Amerikaner sind auf der Suche nach einem besseren Leben. Und sie ziehen deshalb nach Mexiko. Nur auf sie warten keine Polizisten, keine Schleuser, sondern Michael Nuschke. Er wirbt für ein Leben in Ajijic Mexico: Niedrige Lebens- und Medizinkosten, prima Klima das ganze Jahr, ein kleines Paradies. Michael Nuschke erklärt den Trend: "Viele sagen: Wow, warum bin ich nicht viel früher gekommen? Viele wollen sich auch neu erfinden." Etwa 20 Prozent der Einwohner hier sind US-Amerikaner, viele Rentner. Sie können einfach kommen. So ungleich ist die Welt. Man spricht Englisch im pittoresken Ajijic. Mulitikulti, korrigiert mich Michael. Dass sich Amerikaner auch anpassen, ist ihm wichtig zu betonen: "Es braucht die richtige Einstellung, die eines Entdeckers und nicht eines Eroberers! Auch wenn ich sogar so weit gehen würde zu sagen, es ist für die Mexikaner hier besser, wenn sie Englisch sprechen, weil das die Sprache ihrer Kunden ist."

Flucht vor Trump

2017 hat sich die Nachfrage verdoppelt, sagt uns Nuschke auf dem Clubgelände der Zugezogenen. Der Grund lässt aufhorchen, da geht es nicht mehr um das bessere Rentnerleben: Viele fühlen Amerikaner fliehen vor Trump, Sonya Gardner zum Beispiel: "Ich komme aus dem Süden und da gab es immer etwas Rassismus, aber absolut nicht vergleichbar damit, wie es jetzt ist. Die Mauer ist vielleicht bald dafür da, uns US-Amerikaner rauszuhalten."

Steve Dolberg
Steve Dolberg | Bild: BR

Wer hier Trump-Fan ist, der soll es ihm lieber nicht sagen. Steve Dolberg hat uns zu sich nach Hause eingeladen: "Als die Wahlergebnisse kamen, war mir klar: Ich gehe. Es erinnert mich zu sehr an Deutschland 1933: Wer da nicht rechtzeitig raus war, kam nicht mehr raus. Ich sehe mich selbst tatsächlich als ein politischer Flüchtling."
Sein altes zu Hause hat er allein wegen des US-Präsidenten aufgegeben. In einem Jahr habe Trump so viel zerstört: "Er verstümmelt die Gerichte, die Medien, die Geheimdienste. Wahr ist für ihn nur, was er sagt. Das ist, was ein Diktator macht. Was mich meisten schockiert ist, dass die Mehrheit seiner Wähler ihn wiederwählen würden. Sie sind glücklich mit dem, was er macht."
Der ehemalige Rechtsanwalt nimmt uns mit. Steve hilft jetzt bei der Adoption von Straßenhunden. Diese Mexikaner sind sehr beliebt in den USA. Sie schaffen es leicht über die Grenze. Hund müsste man sein.

Jeden Tag könnte José Chavez sein entscheidendes Gespräch mit der US-Einwanderungsbehörde haben. Wird er wegen eines Formfehlers nie mehr in den USA leben? "Ich fühle mich, als ob ich auf einer langen Reise wäre, und so ist es ja auch, weil mein Leben steht auf Pause wenn ich ehrlich bin."

Es heißt, eine hohe, undurchlässige Mauer könnte auch die einzigartige Reise der Monarchfalter beenden, den Schmetterlingen, die als Beschützer gelten für all diejenigen, die ein neues, besseres Leben suchen, sei es in Mexiko oder in den USA.

Autorin: Xenia Böttcher, ARD Mexico City

Stand: 01.08.2019 01:05 Uhr

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