SENDETERMIN So., 20.10.24 | 18:30 Uhr | Das Erste

Moskaus hybrider Krieg gegen Moldau

Moskaus hybrider Krieg gegen Moldau | Bild: Silke Diettrich / ARD Moskau

Idyllisch fließt die Dnister hier entlang, im Norden von Moldau, geradezu friedlich. Doch auf der anderen Seite des Flusses herrscht Krieg, dort liegt die Ukraine. Beide Länder sind EU-Beitrittskandidaten. Und hier in Moldau stimmen die Menschen heute darüber ab, ob ihr Land den Weg in die Europäische Union in der Verfassung verankert – ihn unabhängig von künftigen Regierungen macht.
Noch hat Russland die Republik Moldau nicht angegriffen, aber Moskau hat auch andere Waffen, um die Politik hier zu beeinflussen: Die Polizei in der Hauptstadt Chişinău hat stapelweise Propagandamaterial beschlagnahmt: Ein Beitritt in die EU würde eine Flut von Migranten nach Moldau bringen und bedeute Krieg mit Russland. Deswegen: Nein zu Europa! Auch sichergestellt wurden zahlreiche Geldkoffer, mit mehr als einer Million US-Dollar, eingeflogen aus Moskau.

Propaganda für Geld

Wie genau Menschen in Moldau bestochen werden, damit sie gegen den EU-Beitritt stimmen, zeigen Recherchen des Magazins „zdg“ in Moldau: Es sind geheime Kameraaufnahmen. Vor einigen Monaten hat sich die Journalistin Mariuta Nistor mit falscher Identität anwerben lassen und ist dabei auf ein großes Netzwerk gestoßen, mit mindestens 130.000 Teilnehmern.
Ein Strippenzieher kommt aus dem Süden von Moldau: Ilan Shor. Er lebt jetzt wohl in Russland, weil ihm in Moldau 15 Jahre Haft drohen wegen Betrugs; dabei ging es um mehrere hundert Millionen Euro.
In der autonomen Region Gagausien hat der Oligarch nach wie vor noch großen Einfluss. In diesem Teil von Moldau haben Verbindungen zu Moskau Tradition.

Verbundenheit mit Russland

Noch viele Menschen im Land spüren eine tiefe Verbundenheit zu Russland. Moldau zählt zu den ehemaligen Sowjetrepubliken Osteuropas. Es gibt es nur wenig Industrie, die Menschen leben vor allem von der Landwirtschaft. Der Weinanbau hat eine Jahrtausende alte Tradition. Heute zählt Moldau zu den 20 größten Weiproduzenten der Welt.
Auf einem Weingut in Cricóva, im Zentrum von Moldau, schaut Anatoli mit seinen Kollegen nach den Reben. Er macht hier Aushilfsarbeiten. Als junger Mann hat er in der Sowjetunion in der Armee gedient: „Ich habe schon immer zu Russland gehalten und denke, es wäre gut, weiterhin auf der Seite von Russland zu stehen. Einige Leute wollen Europa beitreten, ich verstehe das nicht. Die aktuelle Situation ist so angespannt, wir gehören gerade weder da noch dort hin.“
Die Menschen sind gespalten. Russland liegt heute hunderte Kilometer von Moldau entfernt. Trotzdem sind hier russische Soldaten stationiert, denn auf der anderen Seite des Flusses liegt Transnistrien, ein de facto-Staat, der international von niemanden anerkannt wird. Er gehört völkerrechtlich zu Moldau, hat sich nach einem kurzen Krieg Anfang der 90er Jahre aber für unabhängig erklärt. Finanziell und militärisch wird Transnistrien von Russland unterstützt.
Der Tag der Entscheidung: heute werden die Menschen in Moldau abstimmen, in welche Richtung das Land steuern soll. Hier in der Hauptstadt Chişinău scheint eher der europäische Wind zu wehen.

Autorin: Silke Diettrich, ARD Moskau

Stand: 20.10.2024 20:21 Uhr

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.

Sendetermin

So., 20.10.24 | 18:30 Uhr
Das Erste

Produktion

Bayerischer Rundfunk
für
DasErste