So., 20.10.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Salomonen: Wie der Pazifik das Paradies verschluckt
In ihren Einbäumen fahren die Fischer von Florida Island hinaus in die Lagune. Die Männer jagen so wie vor Hunderten von Jahren. Doch um sie herum hat sich alles verändert. "Wir Fischer sind nicht mehr so richtig glücklich. Das Wetter ist vollkommen unvorhersehbar geworden. Früher konnten wir genau sagen: es git Regen, es gibt Wind. Es gab ja die Jahreszeiten. Aber jetzt ist alles anders", sagt Fischer Patrick Sara.Sara und seine Kollegen leben auf den Salomonen im Süd-Pazifik. Die Fischer fangen immer weniger Fische. Denn genau hier, am Ende der Welt, schlägt zu, was die Industriestaaten in Gang gesetzt haben: der Klimawandel. Die Folge: Die Meere heizen sich auf und eine einzigartige Unterwasserwelt droht zu verschwinden.
Das Meer kann gewaltige Kräfte entwickeln und es kommt Jahr für Jahr näher. Wo die Fischer-Familien heute ihre Fische grillen, türmen sich vielleicht bald Wellen. Um fast einen Meter könnte der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts steigen, glauben Klimaforscher. Viele Inseln im Pazifik drohen für immer in den Fluten unterzugehen. "Wenn das Wasser höher steigt, gehen unsere Häuser drauf. Und wir sind auch irgendwann dran. Und genau das fürchten wir für die Zukunft", sagt Patrick Sara.
"Ich fühle mich völlig hilflos"
Der Klimawandel verändert die Salomonen. Deutlich wird dies auf der Hauptinsel Guadalcanal: Das Meerwasser frisst sich allmählich ins Land. Gerade ist wieder ein Stück Insel abgebrochen. "Wo jetzt die Wellen rauschen, lag früher ein Fußballplatz", sagt Klinikdirektor Rooney Jagilly. "Wir machen uns Sorgen, und gleichzeitig fühle ich mich völlig hilflos. Diese Kräfte können wir alleine nicht bändigen.“
Die Salomoner fühlen sich allein gelassen mit dem Klimawandel. Sie baden aus, was andere verschuldet haben: die Industriestaaten Europas sowie Amerika und China. Plötzlich kommen neue Krankheiten wie zum Beispiel das Dengue Fieber. Nie zuvor hat es auf den Salomonen einen solchen heftigen Ausbruch gegeben und das innerhalb eines Jahres gleich zwei Mal. Tausende Fälle wurden registriert, viele Erkrankte starben. "Wenn es so weiter geht und auf der Welt nichts passiert, dann wird es für unseren Inselstaat verdammt schwer", sagt Jagilly.
Bauern und Fischer verlieren Einkommen
Die Salomonen gehören zu den ärmsten Ländern im Pazifik. Das Durchschnittseinkommen liegt bei drei Euro am Tag. Die Preise für Fisch, Obst und Gemüse steigen nun ähnlich deutlich wie der Meeresspiegel. "Allein in den letzten zwei, drei Monaten hat sich so viel getan bei den Preisen. Alles verändert sich wegen des Wetters", erzählt der Bauer George Keni.
Wie Keni leben viele Menschen auf den Salomonen als Bauern oder Fischer. Sie sind den Launen des Wetters vollkommen ausgeliefert: "Im Juni und Juli hat es fast durchgehend geregnet. Die ganze Insel war betroffen", erzählt Keni. Dann kam die sengende Sonne und nun Schädlinge, die die Ernte zerstören. Die Bauern werden ihre Produkte auf den Märkten nicht mehr los.
Ganze Inselvölker werden vor den Wellen fliehen
Britische Forscher warnen: Ganze Inselvölker werden vor den Wellen fliehen - vor Regenstürmen und extremer Dürre. Bis zu 75 Millionen Menschen könnten es sein.
Ein Mann von der Insel Kiribati hat soeben in Neuseeland Asyl beantragt. Vielleicht wird er schon bald als weltweit erster Klima-Fluechtling anerkannt. Die reicheren Malediven planen, einfach neues Staatsgebiet zu kaufen - in Afrika oder Asien.
Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Singapur
Stand: 15.04.2014 10:49 Uhr
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