So., 08.03.15 | 19:20 Uhr
Das Erste
China: Der neue Mao
Chinas Staatspräsident Xi Jinping auf Amuletten und und Souvenirs. Er gilt als volksnah. Nicht nur der Personenkult um ihn erinnert manchen an Mao. Auch die Methoden die Partei zu regieren und Kritiker auszuschalten.
Zensur ist Alltag in China
Zhang Jialong ist dafür nur ein Beispiel von vielen. Der 26 Jahre alte Blogger hat als Journalist für ein Internetportal gearbeitet. Jeden Tag kamen Anweisungen aus der Propagandaabteilung. Kritische Einträge löschen, abweichende Meinungen eliminieren. Strenge Zensur ist Alltag in China.
"Heutzutage können sie Menschen nicht mehr einfach töten, wie noch in der Kulturrevolution unter Mao. Sie müssen andere Wege finden: Gehirnwäsche, Menschen bestechen, die Medien, das Internet und die Propaganda streng kontrollieren", sagt Zhang Jialong.
Blogger bezahlt Mut teuer
Als John Kerry China besucht wird der engagierte Journalist in die amerikanische Botschaft eingeladen. Er berichtet über Repression und Zensur, fordert die USA auf, sich für mehr Freiheit in China einzusetzen. "So viele Chinesen leiden unter Widrigkeiten und Not. Sie haben nie eine Chance, darüber zu sprechen. Aber ich hatte diese seltene Gelegenheit. Denn seit Europa und die USA vor allem Geschäfte mit China machen wollen wird nur noch selten in der Öffentlichkeit über Menschenrechte gesprochen. Also habe ich die Chance genutzt", erzählt Jhang Jialong.
Über das Treffen wurde in chinesischen Medien nie berichtet. Dennoch hat Zhang seinen Mut teuer bezahlt. Kurz nach dem Treffen wird ihm gekündigt. Er heißt, er habe gegen den Willen der Partei gehandelt. Jetzt gilt er als Dissident und keiner will ihn mehr beschäftigen.
Staatspräsident Xi schaltet Gegner aus
Unter Staatspräsident Xi werden Kritiker so unnachgiebig verfolgt wie seit Jahren nicht mehr. Und so wie einst Mao verbreitet Xi auch in seiner eigenen Partei Angst und Schrecken. Er will sie von Korruption "säubern". 400.000 Kader wurden schon bestraft. Damit schaltet er auch politische Gegner aus. Xi muss seinem Volk erklären, warum ausgerechnet die KP das Land weiter regieren soll. Im Volkskongress sitzen 44 Milliardäre.
Marxismus- Leninismus Schulungen für Funktionäre
"Heute ist das größte Problem, dass man mit den Theorien der kommunistischen Partei nicht mehr rechtfertigen kann, wie sie das Land regiert. Wenn sie behauptet: 'Die Partei dient dem Volk', dann zeigen die Menschen auf die Funktionäre, die das Volk unterdrücken, Wenn sie behauptet: 'Wir sind die Vorhut des Proletariats' dann zeigt das Volk auf all die einflussreichen Familien, die sich in den letzten Jahren nur bereichert haben", erkläer Historiker Zhang Lifan.
Das Parteiabzeichen ist für viele nur noch Mittel, um sich Macht und Geld zu sichern. Die alten kommunistischen Ideale sind verkommen. Xi will sie wiederbeleben. Alle Funktionäre müssen neuerdings zur Marxismus- Leninismus Schulung nach Peking kommen. Xi hält die erste Unterrichtsstunde. Die Partei wird auf Linie gebracht. Journalisten und Künstler sind als nächste dran. Westliche Werte sind gefährlich bringt man den Teilnehmer bei. Demokratie ist Teufelszeug!
Und so haben Ultralinke Aufwind. So wie Professor Zhu, Sozialismusexperte. Er beschönigt Maos Verbrechen und verteufelt westliche Ideen: "Besonders gefährlich ist das westliche politische System, Demokratie und verfassungsmäßige Politik, das Mehr- Parteien System. Das sind ungeeignete Werte und Konzepte. Sie greifen die kommunistische Partei an, den Sozialismus und Mao. Das schadet Studenten."
"Welcher Professor soll diese Propaganda nachplappern?"
Deswegen ist es jetzt an Universitäten sogar verboten, über westliche Werte zu diskutieren. Professoren werden überwacht. Sie sollen die Vorzüge des Sozialismus unterrichten. Die Order kommt von ganz oben aus dem Bildungsministerium. Die Kampagne zeigt Wirkung. Zehn Professoren haben wir um ein Interview gebeten. Alle haben abgesagt. Aus Angst. Aber dieser Professor will sich den Mund nicht verbieten lassen. Vieles erinnert ihn an die Kulturrevolution. Auch da wurde Stimmung gegen Intellektuelle gemacht. Das hat sich Xi von Mao abgeschaut: "In China ist der Wohlstand extrem ungleich verteilt und Korruption allgegenwärtig. Aber können sie zugeben, dass die Partei schuld daran ist? Niemals! Sie behaupten die Probleme kommen durch den Westen und Chinas Öffnung.", sagt Zhou Xiaozheng von der Tsinghua Universität.
Neugierige scharen sich um das Interview. Signalisieren Zustimmung, weil der Professor auszusprechen wagt, was viele denken, aber sich kaum noch einer zu sagen traut. Professor Zhou glaubt, dass die Kampagne von Xi nicht erfolgreich sein kann. "Welcher Professor soll denn diese Propaganda einfach nachplappern? Das machen nur die obersten Funktionäre. Aber fragen Sie die mal, was sie wirklich denken. Außerdem haben wir heute das Internet, die sozialen Medien. Glauben sie das kann man alles zensieren? ", sagt der Professor.
Xi wäre vielleicht gern so mächtig wie Mao. Aber China ist heute anderes als damals. Unterwerfung kann er erzwingen. Aber Überzeugung schaffen wird schwer.
Autorin: Christine Adelhardt, ARD-Studio Peking
Stand: 08.03.2015 20:28 Uhr
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