So., 01.02.15 | 19:20 Uhr
Das Erste
Schweiz: Afghanen trainieren für Olympia
Das Schweizer St. Moritz ist eine fremde Welt für den 24-jährigen Alishah Farhang und Sajjad Husaini (22). Die beiden Afghanen sind die Hoffnungsträger ihres Landes für die Olympischen Winterspiele 2018 im südkoreanischen Pyeongchang.
St. Moritz stellt den Trainer
Im vergangenen Jahr haben sie das einzige Skirennen gewonnen, das es in ihrem Heimatland gibt. Nun sind sie für zwei Monate in der Schweiz - Trainieren und Lernen. Zum Beispiel von den Europacup-Damen, die auch in St. Moritz trainieren. "Die sind sehr schnell, das habe ich nicht erwartet. Die haben gesagt, das ist ein Abfahrtsrennen der Frauen, aber die sind so schnell, da können wir nicht mithalten", Alishah Farhang, Bauernsohn aus Bamyan, der Journalismus studiert.
Alishah und Sajjad stammen aus den Bergen der Region Bamyan. So etawas Ähnliches wie Skier kennen die Menschen dort als Arbeitsgerät, um im Tiefschnee entlaufene Tiere einzufangen. Skiausrüster, Skipisten oder Skilifte - all das gibt es allerdings kaum in Afghanistan. Das sind schlechte Voraussetzungen für Olympia. Deshalb hat ein Unterstützerverein die beiden Afghanen nach St. Moritz gebracht. Hier sollen Alishah und Sajjad fit gemacht werden für 2018. Den Trainer stellt die Gemeinde St. Moritz.
Vater des Projekts: Christoph Zürcher
Dass es überhaupt so weit gekommen ist, ist Christoph Zürcher zu verdanken. Mehrmals reiste der Journalist für eine Schweizer Tageszeitung nach Afghanistan. 2011 hat der Journalist in Bamyan dann das erste Skirennen organisiert: die Afghan Ski Challenge. Die Idee dazu kam ihm, als er einmal aufgrund von militärischen Auseinandersetzungen in Bamyan festsaß und in Ruhe die Berge betrachtete: "Das war glaube ich im Juni, fantastisches Wetter, und dann hat man immer diese Berge gesehen, das sind hohe Berge, die gehen über 5.000 Meter. Da war noch fantastisch Schnee und als Schweizer dauert es dann nicht solange, bis man ans Skifahren denkt.“
Erst überzeugte er die Dorfältesten, dann überzeugte er junge, abenteuerlustige Afghanen, es doch einmal zu probieren. Und zu guter Letzt ließ er Material und Trainer aus der Schweiz einfliegen.Für das Rennen mussten die Pioniere 500 Höhenmeter überwinden. Doch die Faszination war größer als die Strapazen.
Afghan Ski Challenge echtes Ereignis
Mittlerweile ist die Afghan Ski Challenge zu einem echten Ereignis in Bamyan geworden in Bamyan. "Wenn sich Dinge einigermaßen stabil entwickeln, dann hat das durchaus touristisches Potenzial, wobei wir von einem kleinen Niveau reden, aber von 0 auf 300 Hundert Touristen, das ist schon Wahnsinn", sagt Christoph Zürcher.
Wohin so ein Skitourismus führen kann, erleben Alishah und Sajjad hautnah im Luxusferienort St. Moritz. Ein Kulturschock für die Bauernsöhne. "Hier ist alles 'Top of the World', es ist super exklusiv, Die Preise sind sehr hoch. Bei uns zu Hause sind die Straßen nicht beleuchtet und hier ist überall Beleuchtung, das Design, die Straße, alles - es schaut unglaublich aus….", sagt Alishah Farhang
Unglaublich ist auch der Bamyan Ski Club. Die Pop-up-Bar wurde eigens für die afghanischen Gäste für nur eine Saison eröffnet - als Willkommensgruß und als Geldquelle. Denn ein Teil des Umsatzes kommt dem Ski-Projekt in Afghanistan zu Gute.
Der Traum von Olympia
Drei Jahre haben sie noch Zeit, um zu erreichen, was noch nie ein Afghane vor Ihnen erreicht hat: die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen. 2Natürlich werden wir nicht gewinnen, wir haben spät angefangen. Aber es wäre eine große Leistung Teil von Olympia zu sein, zwischen den anderen Mannschaften zu stehen und unsere Flagge neben den anderen hoch zu halten", sagt Alishah Farhang.
Die Hürden sind hoch, Afghanistan hat noch nicht einmal einen nationalen Skiverband.Doch Alishah und Sajjad sind guten Mutes. Skifahren haben sie ja auch gelernt.Und mit der Unterstützung aus den Schweizer Bergen sei alles möglich, sagen sie.
Autor: Henning Winter, ARD-Studio Genf
Quelle der Bilder vom Skiwettbewerb in Afghanistan: Halsundbeinbruch Film
Stand: 19.02.2015 16:20 Uhr
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