Mo., 15.06.15 | 04:50 Uhr
Das Erste
Südafrika: Kinderflüchtlinge aus Simbabwe
Durch einen Grenzzaun sind sie vor ein paar Wochen nach Südafrika gekommen. Auf der anderen Seite liegt Simbabwe. Das Land, in dem sie nicht mehr leben wollten. Ohne Eltern, alleine kamen sie. "Wir wurden von der Polizei aufgegriffen, sie stellen Fragen ließen uns aber laufen, dann verstecken wir uns im Wald und in der Nacht liefen wie solange, bis wir den Grenzzaun erreichten", erzählt Natasha Jones. Natasha sagt, sie sei zwölf Jahre alt. Ihre Schwester Grace ist acht. Die Eltern? Keiner weiß wo sie sind.
Unterschlupf im Mädchenheim
Im Mädchenheim haben sie Unterschlupf gefunden. Deshalb wissen wir von Natasha und Grace. Täglich kommen neue über die nahe Grenze, aber nur wenige schaffen es hier her. "Wir sind sehr streng und achten darauf, dass die Kinder hier bleiben und Hausaufgaben machen. Sie sollen keine Zeit haben in die Stadt herumzustreunen, das ist das wichtigste. Dort könnte ihnen etwas passieren könnte", sagt die Heimleiterin Jane Phiri bestimmt.
In den Schuluniformen wirken sie wie ganz normale Teenager, aber sie alle eint die gleiche Geschichte: Ohne Eltern kamen sie über die Grenze, mit einer aus der Verzweiflung geborenen Hoffnung auf ein besseres Leben: "Ich möchte einmal Krankenschwester werden, nicht in Simbabwe, da will ich nicht mehr hin. Ich will in Südafrika bleiben und auf meine Schwester aufpassen" , sagt Natasha.
Kinder erleben Gewalt
"Sie wurde von vier Männern am Taxibahnhof belästigt. Sie vergewaltigten sie nacheinander, immer wieder, bis die Polizei davon Wind bekam. Als sie dort patrouillierte, fanden sie die Mädchen", erzählt Jane Phiri.
Das ist eine typische Geschichte. Am Bahn kommen sie zuerst an, verletzlich, ohne den Schutz eines Erwachsenen und ohne Geld. Und hier treffen sie auf andere Flüchtlinge. Es ist ein rechtsfreier Raum, jeder nimmt sich was er bekommen kann. Hunderte sind es jeden Tag, meist Erwachsene, manchmal ganze Familien. Kinder ohne Eltern fallen da kaum auf. Und trotzdem sind es manchmal bis zu 200 Menschen am Tag.
"Kinder, die ohne Begleitung kommen, können von jedem mitgenommen und überall hin verschleppt werden, sagt der Streetworker. Und dann werden sie benützt. Die Mädchen besonders. Lkw-Fahrer nehmen sie mit uns missbrauchen sie", erzählt Streetworker James Chirwa.
Ein bisschen Kindheit in einem geschützen Raum
Im Kinderheim erleben viele der Mädchen zum ersten Mal ein bisschen so etwas wie ein Zuhause. Ein bisschen Kindheit in einer Welt, die ihnen bisher nichts schenkte: "Eltern habe ich keine mehr, ich lebte auf der Straße. Dort in Simbabwe bin nicht zur Schule gegangen, eines Tages bin ich einfach weggegangen", erinnert sich die zwölfjährige Sharon Moyo.
So geht es den meisten. Sie alle haben nichts mehr zu verlieren. Was auch immer kommt, sie nehmen es in Kauf, denn besser als Zuhause, scheint es allemal.
Autor: Ulli Neuhoff, ARD-Studio Johannesburg
Stand: 05.07.2019 10:42 Uhr
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