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Polen: Nato-Musterschüler in Sorge

Polen: Nato-Musterschüler in Sorge  | Bild: WDR

Polen in der neuen Welt – Frontstaat, Ostflanke der NATO: "Sie können nicht davon ausgehen, dass Amerikas Präsenz ewig währt", sagt der Verteidigungsminister der USA Pete Hegseth. "Schnallen Sie sich an, wir fliegen durch Turbulenzen", äußert sich Donald Tusk, der Premierminister Polens. "Nichts spricht dafür, dass die Amerikaner sich aus Europa zurückziehen", sagt Adrzej Duda, der Präsident Polens.

Drawsko im Nordwesten Polens. 3.000 US-Soldaten sind hier in der Basis stationiert, rotierend. Sie bleiben also immer ein paar Monate. Lange gilt Amerika als wichtigster Garant für Polens Sicherheit, als eine Art Lebensversicherung: Colonal Adam. Latham ist seit fünf Monaten hier, sein erstes Mal in Europa: "Wir sind hier, um unsere Alliierten abzusichern und Gegner abzuschrecken. Das machen wir z.B. indem wir unsere Kampftruppen hierher bewegen und gemeinsam mit unseren Partner trainieren."

Der engste militärische Verbündete Polens

Polen: US-Soldaten in Polen.
Polen: US-Soldaten in Polen. | Bild: WDR

Zuletzt sah es gut aus für Polen. Man konnte auf den amerikanischen Freund zählen. Seit 2017 sind US-Soldaten in Polen stationiert, mittlerweile sind es 10.000. Vergangenes Jahr wurde sogar die erste permanente Raketenabwehr-Basis eröffnet. All das gerät mit dem Antritt der Regierung Donald Trump ins Wanken. Im Februar Antrittsbesuch des neuen amerikanischen Verteidigungsministers Pete Hegseth in Warschau: "Jetzt ist die Zeit für Investitionen. Denn Sie können nicht davon ausgehen, dass Amerikas Präsenz ewig währt."

Eine Randbemerkung, die aber für Verunsicherung sorgt. Denn gerade Polen kauft seit Jahren Rüstungsgüter, vor allem aus den USA. Kein anderes Land in der NATO investiert gemessen an seiner Wirtschaftsleistung mehr in Verteidigung. Jetzt steht die Frage im Raum: wird Polen vom engsten Verbündeten verraten? Der Musterknabe der NATO? Für den Militärexperten Marek Świeczyński ist klar, die über Jahre wie in Stein gemeißelten amerikanischen Sicherheitsgarantien für Europa und Polen zerbröckeln: "Es hat besonders hier in Warschau weh getan, diese Wende der USA, die offenen Arme für Putin, für Russland, dem Aggressor, dem Kriminellen, unserem Feind. Und wir müssen uns fragen, ob die USA jetzt ein Freund unseres Feindes sind. Wie stehen sie zu uns?"

 Polens Präsident Duda setzt in dieser Situation voll auf Annäherung. Ende Februar will er sich mit einer Reise zu Donald Trump der engen Partnerschaft mit den USA vergewissern. Ein polnischer Fernsehsender überträgt live, wie Trump Duda anderthalb Stunden warten lässt – für ein 10-minütges Gespräch. Eine öffentliche Demütigung. Duda wertet es trotzdem als Erfolg: "Es besteht keine Gefahr, dass die US-Präsenz in Polen abnehmen wird. Vielmehr sollte davon ausgegangen werden, dass es enger wird, weil wir ständig hören, dass wir in der NATO ein absolut zuverlässiger Verbündeter sind."

Wie sehr kann man noch auf die USA setzen?

Duda setzt in puncto Sicherheit weiter voll auf die USA und die NATO. Anders Polens Regierung. Auf der Social Media Plattform X ein offener Schlagabtausch zwischen Elon Musk und Polens Außenminister Sikorski über die Verlässlichkeit der Starlink-Dienste für die Ukraine. Musk nennt Sikorski einen "kleinen Mann, der still sein" soll. US-Außenministerminister Rubio fordert Dankbarkeit von Polen, und Donald Tusk mahnt die USA zu Respekt für die Partner. Er schreibt: "Niemals Arroganz. Liebe Freunde, denkt drüber nach." Tusk setzt mehr denn je auf eine selbstbewusste EU: "Wie kann es sein, dass 500 Millionen Europäer 300 Millionen Amerikaner anflehen, uns vor 140 Millionen Russen zu schützen, die seit drei Jahren nicht in der Lage sind, mit 40 Millionen Ukrainern fertig zu werden. Es gibt keinen Grund, objektiv betrachtet, gibt es für Europa als Ganzes wirklich keinen Grund, irgendwelche Bedenken in Bezug auf Russland zu haben, wenn es um das reale Potenzial geht."

Dazu gehört für Tusk auch die Absicherung Europas im Osten, der Grenze Polens zu Russland und Belarus. Erst diese Woche hat er es geschafft, dass die EU den sogenannten Ost-Schild zur Priorität macht. Eine Milliarde Euro soll jetzt in den Ausbau der Grenzanlagen fließen. Eine Art Abschreckung, so wie die US-Soldaten in Drawsko, im Nordwesten Polens, die hier noch stationiert sind: "Ich kann sagen, dass ich von keinen Veränderungen oder neuen Befehlen weiß. Wir trainieren hier weiter zusammen mit unseren Partnern. Es ist einfach eine tolle Möglichkeit, die uns erlaubt, unsere Einsatzfähigkeiten zu üben. Das ist für uns alles extrem spannend", sagt Colonal Adam Latham von der US Army.

Polen ist froh, dass die US Armee im Land ist. Aber für den Fall, dass sie es irgendwann einmal nicht mehr ist, will man vorbereitet sein.

Autorin: Kristin Joachim / ARD Warschau

Stand: 23.03.2025 19:46 Uhr

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