So., 23.06.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
Spanien: Die Angst vor den Olivendieben
Antonio Basa muss nachts in seinem Hain patrouillieren. Der Olivenbauer aus Spaniens Extremadura ist wütend auf die vielen Olivendiebe, die immer dreister werden. Spanien ist weltweit der größte Olivenöl-Produzent. Doch die extreme Trockenheit im vergangenen Jahr hat den Ertrag extrem geschrumpft. Die Bauern ernten nur noch halb so viel, wie in anderen Jahren. Und der Preis für Olivenöl ist massiv angestiegen. In Spaniens Olivenmühlen brechen mittlerweile professionelle Banden ein. Viele Oliven-Produzenten stehen kurz vor der Pleite.
Tausende Kilo Oliven gestohlen
21 Uhr. Am liebsten würde Olivenbauer Antonio Basa den Abend bei seiner Familie verbringen – stattdessen muss er jetzt fünf Stunden lang in seinem Hain patrouillieren. Aus Angst vor Oliven-Dieben. "Ich bin müde – nach so einem langen Arbeitstag. Für die Patrouille fallen Spritkosten an, es kostet Zeit – das gefällt niemandem, aber uns bleibt nichts anderes übrig." Immer mehr Banden plündern die Olivenfelder der Gegend in die Antonio vor 15 Jahren gezogen war, um auf dem Land sein privates und berufliches Glück zu finden. Als Olivenbauer und Züchter von Merino-Lämmern. Dieses hier wurde vor einer Stunde geboren.
"Ein kleiner Bock. Der kam gerade eben auf die Welt. Was für eine Pracht! Dieses Leben hier ist zwar Illusion und Aufopferung zugleich – aber solch eine Kreatur macht alles wieder wett. Was soll ich sagen? Das ist Leben!"
Doch mittlerweile kommen immer mehr Kriminelle, die selbst vor hunderte Jahre alten Bäumen nicht Halt machen. "Hier haben sie uns gerade erst 12.000 Kilo Oliven geklaut. Schau dir die Zweige an! Sie sind kaputt. Die Diebe hatten kein Mitleid. Mit diesem Stock haben sie ohne Rücksicht draufgeschlagen." Ein herber finanzieller Verlust – auch für die kommenden Jahre. Denn die versehrten Bäume tragen kaum mehr Früchte. "Es gibt Bauern, die diesem Diebes-Pack die Oliven abkaufen und als Öl in den legalen Kreislauf einschleusen. Das nimmt zu."
Polizei und Bauernpatrouille gegen Olivendiebe
Bitter für Antonio: Seit zwei Jahren ist seine Ernte wegen heftiger Dürren um die Hälfte geschrumpft. Infolgedessen kamen die Diebe. "Es gibt jetzt deutlich mehr Diebstähle – wegen der gestiegenen Preise." Durch den Ernteeinbruch hat sich der Preis für Olivenöl schlagartig verdoppelt. Seitdem lohnt es sich für kriminelle Banden, nachts in die Olivenhaine einzudringen.
Die Polizei hat reagiert – und die Zahl der Razzien erhöht. Sie patrouilliert auf den Feldern mit Motorrädern – und auch in der Dunkelheit mit Drohnen und Infrarotkameras. Doch die Anbaufläche in Spanien, dem weltgrößten Olivenölproduzenten, ist riesig. Viel zu selten gehen den Ermittlern Diebe ins Netz. Oft sind es Erntehelfer aus Nachbarprovinzen, die mit ihren Autos – im Auftrag ihrer Hintermänner – auf Beutezug gehen.
Zurück bei Antonio. Er ist früh am Morgen mit seinem Traktor einem Nachbarn zu Hilfe geeilt. Ernte unter Zeitdruck. 900 Kilo wurden meinem Nachbarn gestohlen! Obwohl sie in der Nacht patrouilliert hatten, waren wieder Diebe am Werk. Jetzt will Nachbar Juan Serrano schnell alles abernten, bevor sie wiederkommen. "Ich bin so wütend. Das ganze Jahr über kümmern wir uns um die Oliven und die klauen hunderte Kilo in einer Nacht und beschädigen die Bäume, sodass sie nächstes Jahr nichts mehr abwerfen." Den Schaden schätzen Jose und Antonio auf 1.200 Euro. "Immerhin gibt die Gemeinschaft uns allen hier Kraft. Dass wir hier gemeinsam anpacken, zeigt den Dieben hoffentlich auch, dass unser Dorf vereint ist und sie kriegen vielleicht Angst. Wir zeigen: 'Kommt ja nicht her, um uns die Butter vom Brot zu nehmen. Wir zeigen‘s euch!"'
Am Abend: Treffpunkt im Dorfkern. Antonio teilt die Autos für die Nachtwache ein. Heute sind es sechs. Zur Haupterntezeit bis zu 50. "Die Polizei patrouilliert nur auf der Landstraße", sagt Francisco Jimenez. "Wir Bauern sind es, die wirklich aufpassen und wissen, wo die Oliven hängen, auf die die Diebe es abgesehen haben." Dann fahren sie los: eine weitere Nacht Patrouille auf ihren Feldern. Sie hätten keine andere Wahl, sagen sie. Denn sonst müssten sie den Olivenanbau hinschmeißen.
Autor: Matthias Ebert
Stand: 23.06.2024 22:54 Uhr
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