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Sudan: Kochen im Kugelhagel

Sudan: Kochen im Kugelhagel | Bild: Ramin Sina, ARD Kairo

Überlandfahrt durch den Sudan; Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn vor zwei Jahren bekommen wir als ARD-Team die Einreisegenehmigung. Was wird uns erwarten? Videos auf Social Media zeigen Massaker, Kontakte vor Ort sprechen von der "Hölle auf Erden".
Doch unser erster Eindruck vom Sudan: atemberaubend schön. Die Pyramiden von Meroe, Jahrtausende alt, UNESCO-Weltkulturerbe. In keinem Land der Welt stehen so viele Pyramiden wie im Sudan, auch im Nachbarland Ägypten nicht, erzählt uns stolz ein Schäfer. Aber leider werde sein Land nur noch mit Krieg in Verbindung gebracht.

Konflikt seit 2023

Es geht weiter für uns – entlang des längsten Flusses der Welt, dem Nil. Hier, wo der blaue und der weiße Nil zusammenfließen, rund um die Großstädte Khartoum und Omdurman eskalierte im April 2023 ein schon länger schwelender Konflikt innerhalb des Sicherheitsapparats – die Straßen und Gassen wurden zu Schlachtfeldern.
Es kämpft das sudanesische Militär um Armeegeneral al-Burhan auf der einen Seite gegen die mächtige Miliz RSF um ihren Anführer Dagalo auf der anderen Seite. Einen Regierungschef hat der Sudan schon seit Jahren nichtmehr. Im Krieg geht es um Macht, aber auch um den Zugang zu Rohstoffen wie Gold. Angriffe aus der Luft und am Boden, die Bevölkerung versinkt im Chaos.

Viele sind geflohen, er ist geblieben: Tarek verlor durch eine Granate sein rechtes Bein. Heute hilft er in seiner Nachbarschaft in Omdurman. Er hat eine Takeyya ins Leben gerufen – Arabisch für Suppenküche. Dank lokaler Spenden kann er freitags einen Eintopf aus Bohnen und Linsen verteilen: "Sie haben null Einkommen, keine Arbeit, sie sind komplett von Takeyyas abhängig. Was wir hier tun, ist unsere Pflicht und mit das wichtigste, was wir im Bereich humanitärer Hilfe leisten können."
Hoffnung schöpfen fehlt vielen schwer. Täglich hören sie die Gefechte, die nur wenige Kilometer entfernt sind. Sie fürchten sich vor allem vor der RSF-Miliz. Wer auf die Kämpfer der RSF trifft, ist in Lebensgefahr: eine hochgerüstete Miliz, bestehend aus vielen Söldnern, die große Landesteile unter ihre Kontrolle gebracht hat.

Zerrissen zwischen Armee und Miliz

Das drittgrößte Land Afrikas: zerrissen: Die Armee von General al-Burhan konnte die verfeindete Miliz zuletzt zurückdrängen. Menschenrechtsaktivisten werfen beiden Seiten Kriegsverbrechen vor.
Der Krieg macht auch vor Gotteshäusern keinen Halt. Die Sheikh Gariballah-Moschee: gezeichnet von wochenlangem Kampf. Wo nun die Sufi-Gemeinde wieder beten kann, hatten sich RSF-Kämpfer lange verbarrikadiert, die Bevölkerung fühlte sich terrorisiert.
Unter Beschuss: selbst Krankenhäuser, die meisten sind längst außer Betrieb. Wir treffen Safaa Ali Mohammed Youssef. Weit über Omdurman hinaus ist die Frauenärztin bekannt für ihren Mut. Selbst in den gefährlichsten Wochen kam sie mit ihrem Team täglich ins Al-Nao-Krankenhaus zur Arbeit: "Die Kollegen sind gekommen, nur um schwangeren Frauen zu helfen, um Mütter und ihre Kinder zu retten. Wir haben gesagt, wir müssen das Krankenhaus erreichen, wir müssen weiter unsere Dienste anbieten. Während wir gearbeitet haben, waren die Kämpfe um uns herum, Kugeln und Granaten trafen uns viele Male."

Hier traut sich niemand offen drüber zu sprechen, doch unzählige Frauen sollen von Kämpfern vergewaltigt worden sein. In dieser dunklen Zeit die Heimat zu verlassen, wollte die Ärztin nicht. Obwohl ihr Ehemann und ihre Kinder nach Ägypten flohen.

Die Sudanesen brauchen sich gegenseitig. Dringender denn je, meint Tarek. Er schreibt eine Einkaufsliste für seine Takeyya, seine Suppenküche. Während die Töpfe in der Sonne trocknen, blickt er skeptisch in die Zukunft.
Das Besondere, die Schönheit des Sudan, sie liegt auch bei den Menschen, die geblieben sind an dem Ort, den manche als die Hölle auf Erden bezeichnen.

Ramin Sina, ARD Kairo

Stand: 16.03.2025 18:54 Uhr

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