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Südafrika: Alltag mit Aids

Südafrika: Alltag mit Aids  | Bild: pa

Jeden Tag packen sie den Rucksack neu. Boipelo füllt auf, was bei der mobilen AIDS-Sprechstunde verbraucht wurde. Die Pille, Kondome für Männer und Frauen, Gleitmittel, alles was den Sex-Arbeiterinnen Johannesburg hilft. Und alles, was für die Betreuung von HIV-positiven Frauen in den Bordellen von Johannesburg nötig ist. "Für neue Kundinnen brauche ich diese Röhrchen, damit ich ihnen Blut abnehmen kann, wenn sie für ihre AIDS-Medikament eingestellt werden. Und ich packe auch Schmerzmittel ein, denn die Sex-Arbeiterinnen, die am Straßenrand stehen, leiden oft unter Schmerzen, vor allem in den Beinen", erzählt Krankenschwester Boipelo Setaba. Wenn Boipelo aufbricht, sind sie immer mindestens zu dritt. Eine Streetworkerin – sie arbeitete vor ein paar Monaten noch im Bordell – unterstützt sie, und ein Fahrer, der auch Sicherheitsmann ist. Denn ihre "Kundinnen" sind in den No-Go-Areas von Johannesburg.

Hillbrow, einst der modernste Stadtteil Afrikas. Dann begann der Abstieg, die Innenstadt wurde aufgegeben. Seitdem herrschen kriminelle Banden, die Polizei hat sich zurückgezogen. Billigen Sex gibt es an jeder Straßenecke zu kaufen. Ungerechnet fünf Euro bezahlen die Kunden. Die AIDS-Rate ist so hoch wie nirgendwo im südlichen Afrika. Unter Sex-Arbeiterinnen liegt sie bei 98 Prozent.

Die Bordelle sind in Häusern wie diesem untergebracht. Ehemalige Hotels, besetzt und kontrolliert von Kriminellen. Hier gäbe es keine medizinische Versorgung, wenn nicht die mobilen Teams ihre Sprechstunde in einem der Zimmer anbieten würden. Medizinische Grundversorgung und Aufklärung für Prostituierte, die nicht erkannt werden möchten. Hier testen sie auch. "Es hilft, denn sonst müsste ich", sagt Sexworker Memory, "in der Klinik Schlange stehen, da geht viel Zeit drauf, ich muss aber arbeiten. Zeit ist Geld." Seit 25 Jahren gibt es diese mobilen Teams. Anfangs konnten sie nur aufklären und Kondome verteilen. Medikamente gab hier nicht. Das hat sich geändert. Wer sich behandeln lassen möchte, kann die Immunschwäche in Schach halten.

Aufklären und behandeln – HIV in Hotspot-Regionen

Südafrika ist immer noch der Hotspot, wenn es um HIV und AIDS geht. Auch wenn sich viel geändert hat. Vor rund 20 Jahren starben die Menschen hier an der Immunschwäche. Wer sich infizierte, war dem Tod geweiht. Denn die gerade entwickelten Medikamente waren teuer. Niemand finanzierte die Behandlung in Afrika. Jährlich starben allein in Südafrika 200.000 Menschen an AIDS. Friedhöfe mussten erweitert werden.

Heute gibt es Hilfe. Das Recherche Center der renommierten WITS-Universität hat – mitten in Hillbrow – sein Forschungszentrum. Seit 30 Jahren. Hochmodern, anfangs war es schwierig, Geldgeber zu finden. Mittlerweile ist die Finanzierung gesichert, auch weil die Forscher mitten im Brennpunkt auf höchstem wissenschaftlichen Niveau arbeiten. Mit Erfolg neue besser Medikamente mitentwickelt haben. "Wir sind jetzt an dem Punkt, dass wir Injektionen oder Tabletten mit Langzeitwirkung haben, die alle zwei Monate oder sogar nur einmal im halben Jahr verabreicht werden müssen", sagt die Leiterin des Forschungszentrums. Sie halten das HI-Virus sehr wirksam im Zaum. Wir arbeiten weiter an der Verbesserung, denn die Medikamente sollten für Patienten so wenig aufwendig wie möglich sein. Denn nur dann werden sie auch flächendeckend die Verbreitung von AIDS verhindern. Gerade hier in den illegalen Bordellen. Zwei Frauen teilen sich ein Zimmer. Zum Leben und Arbeiten. Dass hier die Verbreitungsrate in den vergangen Jahren wesentlich gesunken ist, ist ein Erfolg der Medikamente und der mobilen Dienste. AIDS hat selbst hier im Hotspot von Hillbrow seine Hoffnungslosigkeit verloren.

"Seit wir Antivirale-Medikamente bekommen und wir die Vorsorge machen, ist HIV kein so großes Thema. Es macht mir keine Angst, denn niemand stirbt mehr an AIDS", erzählt Memory. Es dauerte viele Jahre, bis Industrienationen und private Geldgeber dazu durchgerungen hatten, genug Geld zusammen zu tragen, damit Hilfe auch in Hillbrow ankommt. Hier im Hotspot von AIDS. "Es gibt viele Gründe, mit dem einzelnen Patienten und dessen Behandlung zu beginnen. Aber Öffentliche Gesundheit muss global gedacht werden. Wir müssen sicherstellen, dass wir die betroffenen Menschen weiter behandeln und dafür bezahlen können. Wenn es um AIDS geht, dürfen nicht aufhören genau das weiterzumachen, was wir gerade tun", sagt Helen Reese, Direktorin am WITS Recherche Center.

Sie hoffen, dass gerade die Industrienationen den Kampf gegen Aidsd weiterhin unterstützen. Denn ohne diese Unterstützung würde die Zahl der AIDS-Töten hier sofort wieder steigen.

Autor: Ulli Neuhoff / ARD Johannesburg

Stand: 02.12.2024 09:42 Uhr

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