So., 04.09.22 | 18:30 Uhr
Das Erste
Südafrika: Wenn die Lichter ausgehen
Wenn es dunkel ist und sie den Strom abschalten, ist es besonders bitter. Zweieinhalb Stunden fast totale Dunkelheit in großen Teilen von Soweto, weil der staatliche Energieversorger einfach nicht genug Storm produziert - und das bis zu zweimal am Tag. Für Nokuthula bedeutet das, dass sie ihre Scones nicht rechtzeitig fertigbekommt: "Sie müssen täglich frisch gebacken werden, nur dann verkaufe ich sie gut auf dem Markt."
Eigentlich läuft ihr Geschäft gut. Das Backen macht sie nicht reich, aber es ist genug für sie und ihre Tochter. Die letzten Wochen waren aber hart für beide, denn fast jeden Tag wurde der Strom in ihrem Viertel abgeschaltet: Staatlich verordnetes Stromsparen. Loadshedding nennen sie das in Südafrika.
Wut auf den Staat
Man merkt es ihr nicht an, aber sie ist wütend auf den Staat, denn zweieinhalb Stunden ohne Strom heißt, dass sie zweieinhalb Stunden später auf den Markt kommt. Sie verdient dann weniger.
Das ganze Land leidet darunter. Seit 15 Jahren passiert es in Südafrika immer wieder, dass der staatliche Stromanbieter die Versorgung in einzelnen Vierteln unterbrechen muss, damit das Stromnetz nicht ganz zusammenbricht. In diesem Winter aber ist es besonders schlimm. Und es trifft alle Bevölkerungsgruppen: Janice ist eine erfolgreiche Unternehmerin, nebenher betreibt sie ein Guesthouse in einem der reichen Vororte von Johannesburg. Ihr Leben organisiert sie rund um die Abschaltungen: "Wir haben eine App, die uns für jeden Vorort anzeigt, wenn sie planen den Strom abzuschalten. Hier heißt es jetzt, Stufe eins von sieben Uhr morgen bis 16 Uhr. In unserer Gruppe geht es jetzt richtig zur Sache."
In ihrem Viertel wird der Strom diese Woche abends abgeschaltet. Sie haben sich daran gewöhnen müssen, immerhin läuft der Herd läuft mit Gas. Und dann passiert es. Der Strom ist aus! Jetzt spult Janice ihre Routine ab: Akkubetriebene Lampen einschalten, die tagsüber aufgeladen wurden, gleichmäßig verteilt im ganzen Haus. Ihr Mann bringt die Akkuleuchte für die Treppe, damit niemand hinunterfällt.
Schlechte Instandhaltung der Kraftwerke
Dabei besitzt Südafrika alle Rohstoffe, die das Land für zur Energiegewinnung bracht. Hauptenergielieferant ist heimische Kohle, ökologisch bedenklich, aber davon gibt es genug. Und eigentlich gäbe es auch genug Kraftwerke, aber die sind nach Jahren des Missmanagements und der Korruption so schlecht gewartet, dass sie immer häufiger ausfallen. Noch nie fiel der Strom so häufig aus, wie in diesem Winter.
Wer es sich leisten kann, macht sich unabhängig vom staatlichen Energienetz. In den Wohngebieten der Mittelschicht installieren immer mehr Johannesburger Solarzellen: Die ideale Lösung in einem Land, indem auch an Wintertagen die Sonne neun Stunden lang scheint. Die Stromabschaltungen wirken wie ein ökologisches Förderprogramm, bei denen, die genug Geld haben. Der Großteil der Bevölkerung kann sich die rund 15.000 Euro für eine solche Anlage nicht leisten. Nur die Mittelschicht hat solche Entscheidungsmöglichkeiten.
Lösungen, die zu teuer sind für die Menschen in den Townships. Hier müssen sie aber nicht nur damit leben, dass der Storm immer wieder ausfällt. Das häufige an und aus, hat Nokuthules Ofen beschädigt. Er heizt noch –aber immer nur auf Höchststufe. Und für einen neuen verdient sie einfach zu wenig Geld.
Autor: Ulli Neuhoff, ARD Stuttgart
Stand: 05.09.2022 10:08 Uhr
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