Mo., 26.02.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Südafrika: Kapstadt – Wasser wird zum Luxusgut
Verkehrte Welt in Kapstadt: Früher gab es beim Friseur ein Wasser oder Kaffee gratis während des Haarschnitts. Heute, in Zeiten der Dürre, müssen die Kundinnen ihr eigens Wasser aus dem Supermarkt zum Friseur mitbringen. Nicht zum Trinken, sondern zum Haare waschen. Colleen Stafford kann darüber inzwischen wenigstens lachen.
Selbst Abwasser – eine wertvolle Ressource
"Es ist wirklich ungewöhnlich. Aber wir Kapstädter müssen eben damit klarkommen. Wir werden es überleben. Wir sind jetzt Wasserkrieger." Neil stand vor kurzem vor der Wahl: Radikal umdenken oder aufgeben. Denn er hat einen Brief von der Stadt bekommen: Wenn er nicht deutlich Wasser spart, könnte seinem Salon der Hahn abgedreht werden.
"Ich geriet in Panik. Hier arbeiten 40 Leute, das sind 40 Familien, die ernährt werden müssen. Wir haben immer gedacht: Das Wasser geht doch nie aus. Wir sind doch eine Megacity. Die können doch nicht das Wasser abstellen. Aber leider lief es genau darauf hinaus", erzählt Neil Doveton.
Mittlerweile hat er für seine Kunden einen besonderen Service: Das Abwasser wird beim Haare waschen aufgefangen und die Kunden dürfen es mit nach Hause nehmen. Selbst Abwasser – eine wertvolle Ressource.
Nur 50 Liter pro Person und Tag
Kapstadt erlebt die schlimmste Dürre in seiner Geschichte. Die Stauseen – inzwischen teils Wüstenlandschaften. Die Stadt musste hart durchgreifen: Nur noch 50 Liter Wasser pro Person und Tag dürfen die Einwohner verbrauchen. Nur so lässt sich verhindern, dass das Wasser komplett ausgeht. Zudem stampft die Stadt gerade zahlreiche Anlagen zur Entsalzung von Meerwasser aus dem Boden. Auf einer dieser Baustellen treffen wir die Krisenmanagerin der Stadt.
"Das ist die schlimmste Krise, die Kapstadt je erlebt hat. Schließlich ist Wasser etwas so existentiell wichtiges, ohne das wir nicht überleben können. Und wir wissen schlichtweg nicht, ob und wann endlich wieder mal richtiger Regen kommt. Das macht alles noch viel schlimmer", erzählt Xanthia Limburg, die Wasserbeauftragte von Kapstadt.
Auch Touristen müssen Wasser sparen
50 Liter Maximum pro Tag – das gilt auch für viele Touristen. Wie wenig das ist, muss Melody, die Besitzerin eines kleinen Hotels, ihren Gästen momentan immer wieder erklären. "Ich zeige Ihnen das mal. 50 Liter sind ungefähr zweieinhalb von diesen Eimern. Mehr dürfen die Sie pro Tag nicht verbrauchen. Das zeigt Ihnen, wie wenig das ist. Wir haben hier zudem einen Timer, der Ihnen die Duschzeit anzeigt. Sie dürfen nur 90 Sekunden lang duschen, mehr ist nicht erlaubt. Versuchen Sie es bitte in noch kürzerer Zeit zu schaffen."
"Macht es Ihnen etwas aus, in 90 Sekunden zu duschen", wird ein Gast gefragt. "Ja, das macht mir macht was aus, ich mag lange Duschen. Aber ich muss mich wohl dran gewöhnen", antwortet er.
Colleen vom Friseursalon will uns zeigen, wie sie zuhause Wasser spart. Alles folgt einem strengen System.
"Wir stellen diese Kiste in die Dusche, wir stellen uns rein, schalten das Wasser an, wir duschen uns und sammeln hier drin das entstandene Abwasser. Das wird dann für die Toilette benutzt."
Keine Trennung mehr zwischen Reich und Arm
Dann nimmt uns Colleens Familie mit zu einer versteckten Wasserstelle in den Hügeln hinter Kapstadt. Das Wasser kommt aus einem der letzten Reservoirs in den Bergen. Doch es ist verseucht, u.a. mit ecoli-Bakterien. Und trotzdem ist es ein begehrtes Gut – die Einwohner nutzen es für ihre Pools oder Toilettenspülungen. Die Wasserstellen haben sich in Kapstadt zu einer Art sozialen Treffpunkt entwickelt.
"Hier gibt es keine Reichen, keine Armen. Wir müssen alle Wasser holen. Hier sind wir alle gleich", erzählt ein Besucher der Wasserstelle. Die reichen Kapstädter erleben nun selbst, was für die ärmeren Einwohner schon lange Realität ist: Wasser holen an öffentlichen Quellen.
"Ich bin froh, dass es jetzt auch die Reichen trifft. Denn vielleicht wacht so die Regierung auf und nimmt sich des Wasserproblems endlich an. Schließlich spüren sie es jetzt am eigenen Leib", findet eine Bewohnerin von Township.
Dabei trifft die Wasserkrise – wieder einmal – die Township am härtesten. Denn seit der Dürre sind die Hähne hier manchmal gänzlich trocken.
"Manchmal macht die Schule zu, weil es kein Wasser gibt. Dann müssen die Kinder zuhause bleiben, das ist noch schlimmer. Dann sind alle hier und ich kann nicht einmal richtig kochen, weil es kein Wasser gibt. Dann bleiben alle hungrig", erzählt eine weitere Bewohnerin.
Davon sind die Einwohner auf der anderen Seite der Stadt immerhin noch weit entfernt. Doch auch ihr Lebensstil hat sich grundlegend verändert. Die Wasserkrise hinterlässt tiefe Spuren in einer der modernsten Metropolen Afrikas.
Autor: Heiner Hoffmann / ARD Studio Johannesburg
Stand: 01.08.2019 06:32 Uhr
Kommentare