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Türkei: Dürre in Istanbul

Türkei: Dürre in Istanbul | Bild: WDR

Der Stausee Sasle Dere – nur wenige Kilometer entfernt vom Stadtrand der Millionenmetropole Istanbul. Der Pegel des Sees liegt für die Jahreszeit sehr niedrig. Selahattin Beyaz nimmt hier regelmäßig Proben. Der Stausee ist eines der wichtigen Reservoire der Stadt Istanbul. Der Umweltingenieur sagt, die Qualität des Wassers hänge direkt mit dem Pegel zusammen. Umso weniger Wasser, umso schlechter die Qualität: "Der Pegel liegt bei 60 Prozent. Hätte es die üblichen Herbst- und Winterregen gegeben, wären die Pegel unserer Stauseen bei 90 oder 100 Prozent. Eigentlich müssten sie voll sein. Das würde bedeuten, dass ich eigentlich mit meiner Größe komplett im Wasser stehen müsste. Schauen sie dort rüber, eigentlich müsste der Pegel etwa drei Meter unterhalb der Bäume liegen.“

Umweltingenieur Meryem Kayan erklärt, dass weniger Wasser auch weniger Wasserqualität bedeutet
Umweltingenieur Meryem Kayan erklärt, dass weniger Wasser auch weniger Wasserqualität bedeutet | Bild: WDR

Dort, wo eigentlich Wasser sein sollte, liegt jede Menge Müll. Viele Istanbuler nutzen den See für ein Picknick. Mit den Autos können sie direkt ans Ufer fahren. "Müll dürfte hier nicht liegen. Da es ein Wasserreservoir ist, sollte es vom Wasserversorger der Stadt Istanbul geschützt werden. Aber leider wurde das Gebiet sogar zur Bebauung frei gegeben", sagt der Umweltingenieur. Eine erste Messung zeige, der pH-Wert des Wassers sei erhöht, so Beyaz. Also zu alkalisch. Zumindest habe das Wasser aber genügend Sauerstoff. Die genaue Qualität müsse im Labor untersucht werden. 

Intiativen versuchen, Wasserverbrauch zu verringen

Es regnet einfach nicht genug. Ende vergangenen Jahres ruft die Stadtverwaltung zum Wassersparen auf. Kurz darauf heißt es in den Medien, das Wasser in den Stauseen rund um Istanbul reiche nur noch 45 Tage, um die 16 Millionen Einwohner zu versorgen. 16 Millionen Einwohner. Offiziell. Manche sprechen von bis zu 20 Millionen. Die Herausforderung für so eine Stadt ausreichend Wasser bereitzustellen, ist gigantisch. Täglich sitzen aufgrund von Reparaturen Stadtviertel mehrere Stunden auf dem Trockenen. Hier im Stadtteil Bahciler leben 725.000 Menschen. Acht Teams sind im Dauereinsatz, um marode Leitungen zu erneuern. Mehr als ein Fünftel des durch die Rohre laufenden Wassers versickert im Boden, weil die Infrastruktur veraltet ist. Der Chef des kommunalen Wasserversorgers sagt, in den 90er Jahren habe der Verlust sogar bei 40 Prozent gelegen: "Wir haben die Verluste auf 22 Prozent gesenkt. Unser Ziel ist die Verluste auf 15 Prozent zu senken. In entwickelten Ländern schafft man es auf bis zu 10 Prozent. Aber das bringt natürlich Kosten mit sich."

Die Herausforderung für eine Stadt wie Istanbul, ausreichend Wasser bereitzustellen, ist gigantisch
Die Herausforderung für eine Stadt wie Istanbul, ausreichend Wasser bereitzustellen, ist gigantisch | Bild: WDR

Endlich regnet es mal wieder in Strömen in der Stadt. Damit die Stauseen wirklich volllaufen, muss es aber noch viel mehr in den nächsten Monaten regnen. Das langfristige Phänomen Trockenheit verschwindet nicht von heute auf morgen. Im Stadtteil Kadiköy gibt es eine Bürgerinitiative, die Bewohner überzeugen will, an ihre Wasserhähne Filter anzuschrauben, um den Verbrauch zu reduzieren. "Das ist doch wirklich toll, dass so ein kleines Teil den Wasserverbrauch um 68 Prozent vermindert. Gerade für die Ärmeren in unserem Viertel ist das eine wichtige Sache", erklärt Ortsvorsteherin, Sultan Aksu.

Vergangene Woche haben sie losgelegt. Die meisten Bewohner reagieren positiv. Vor allem, weil die Mitglieder der Bürgerinitiative mit dem entsprechenden Werkzeug kommen und den Filter direkt anschließen. "Es gibt eine Klimakrise. Damit das Wasser nicht ausgeht, machen wir dieses Projekt und hoffen auf ihre Unterstützung", sagt Rahim Noz von der Bürgerinitiative und die Bewohnerin Hayriye Demir entgegnet: "So Gott will. Wir bemühen uns Wasser zu sparen, aber damit geht es natürlich besser."

Die Wasserqualität leidet unter Müll

Inzwischen werten Chemielaboranten die Wasserproben aus dem Stausee bei Istanbul aus. Sie suchen nach Phosphaten, Schwermetallen, prüfen den pH-Wert und den Stickstoff- oder Sauerstoffgehalt. Der Umweltingenieur Beyaz hat das Ergebnis in der Hand. Er ist mit der Wasserqualität nicht hundertprozentig zufrieden: "Das größte Problem ist die Menge der Kolibakterien. Das kann man aber lösen. Warum ist das so? Es ist so, weil die Menschen dort Picknick machen und ihren Müll, die Flaschen, die Essensreste am Rand des Stausees einfach wegwerfen. Eigentlich sollte der Wasserversorger verbieten, dass man dorthin für ein Picknick kommen darf."

Nach den Regentagen ist der Pegel des Stausees sichtbar gestiegen. Aber noch lange nicht genug, sagt der Umweltingenieur. Für die Menschen in Istanbul, aber auch an vielen anderen Orten weltweit, könnte die Trockenheit zu einer immer größeren Herausforderung werden.

Autor: Oliver Mayer-Rüth / ARD Studio Istanbul

Stand: 28.03.2021 20:04 Uhr

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