So., 28.03.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Uganda: Coronaschutz für Gorillas
Das ist Bwindi, einer der letzten Regenwälder Ugandas. Undurchdringlich, so nennen ihn die Menschen hier. Bwindi ist die Heimat von Berggorillas. Ihre Art ist bedroht: Die Wälder bieten immer weniger Schutz. Die Gefahr für sie steigt, denn der Mensch rückt näher – und mit ihm womöglich auch das Corona-Virus.
Den Berggorillas gilt besonderer Schutz
Mit Ugandas erster Wildtierärztin Gladys Kalema-Zikusoka sind wir auf dem Weg zu den Berggorillas. Virus-Vorbeugung ist hier Pflicht – für alle. "Sie sind schon so wenige – deshalb müssen wir alles für sie tun: zehn Meter Abstand halten, Maske tragen, Hände desinfizieren, wenn wir den Gorillas näher kommen", sagt Gladys.
'Tierschutz durch öffentliche Gesundheit' – so heißt die Organisation, die sie vor fast 20 Jahren gegründet hat. Das Ziel: Die Gesundheit von Menschen und Nutztieren in der Region erhalten, damit alle, auch die Gorillas, geschützt sind. Denn: Nur noch etwa 1.000 Berggorillas gibt es in zwei benachbarten Revieren in Ostafrika – und zwar nur hier, nicht etwa in Zoos. "Ich fühle eine besondere Verbindung zu ihnen. Es ist unglaublich. Auch wenn ich sie schon so oft gesehen habe, es ist immer wieder magisch", erzählt die Wildtierärztin.
Ein Baby-Boom mit fünf Geburten in nur sechs Wochen hatte Gladys und ihren Kollegen im vergangenen Jahr Hoffnung gemacht. Doch die Hoffnung kann trügerisch sein – gerade jetzt, so Gladys: "Wir Menschen haben zu 98 Prozent das gleiche genetische Material wie Berggorillas. Deshalb können wir sie leicht anstecken. Wenn Du sie anhustest oder anniest, können sie leicht Covid-19 oder eine andere Atemwegserkrankung von dir bekommen.“
Das Schicksal der Gorillas und der Menschen hängt eng zusammen
Wie leicht das geht, hatten Forschungen an gestorbenen Berggorillas schon vor Jahren gezeigt. Jeder vierte von ihnen war Atemwegserkrankungen erlegen. Vor allem Touristen hatten die Krankheiten eingeschleppt. Die Wildtierärztin macht sich Sorgen: "Covid-19 kann eine ganze Art auslöschen. Denn Gorillas wissen nicht, wie man sozialen Abstand hält. Wir haben eine ethische Verpflichtung, sie zu schützen – denn wir haben ihren Lebensraum zerstört."
Kot-Proben nehmen, untersuchen auf Parasiten oder eben auch Viren. Es geht um Tierschutz, aber auch um die Menschen nebenan: "Die Gorillas sind für diese Gegend wirtschaftlich bedeutsam, denn durch sie sind viele Menschen der Armut entkommen. Es gibt keinen Grund mehr, in den Wald zu gehen, um zu jagen und so die Familie ernähren zu können. Oder Bäume für Feuerholz zu fällen. Denn die Gemeinschaft profitiert sehr vom Tourismus."
Damit das auch so bleibt, hilft Gladys, rund um den Park Dorfversammlungen zu organisieren. Familienplanung oder Bildung sind Themen. Vor allem aber auch die Gesundheitsvorsorge. Gladys erinnert sich: "Gorillas bekamen mal Krätze, als sie den Park verlassen haben und auf die Bananen-Plantagen gegangen sind. An der schmutzigen Kleidung einer Vogelscheuche haben sie sich infiziert. Die Baby-Gorillas starben, die übrigen konnten durch ein Medikament gerettet werden. Da wurde mir klar: Man kann die Gorillas nicht schützen, ohne die Gesundheit der Bevölkerung nebenan zu verbessern."
Ohne Tourismus fehlt wichtiges Geld
Doch auch um der Bevölkerung zu helfen, braucht es das Geld der Touristen. Deren Zahl wird in Bwindi kontrolliert und stark beschränkt. Entsprechend teuer ist der Besuch bei den Gorillas. Jetzt aber kommt kaum mehr jemand – und damit auch kein Geld. "Alle Tierschutzmaßnahmen sind zum Erliegen gekommen durch eine Pandemie, die das Reisen verhindert. Den Menschen wird jetzt klar, dass solche Krankheiten ein großes Problem darstellen – sowohl für den Tierschutz als auch die menschliche Gesundheit und den Tourismus", erklärt Gladys.
Es gehe schon lange um mehr als nur um das Überleben der Berggorillas, sagt die Forscherin. Es gehe um eine sichere Zukunft für alles Leben.
Autor: Norbert Hahn / ARD Studio Nairobi
Stand: 28.03.2021 20:04 Uhr
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