So., 15.09.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
Türkei: Pfeifen statt Reden am Schwarzen Meer
Kusköy – das heißt Vogeldorf. Ein 400-Einwohner-Ort in den Bergen an den Ufern des Schwarzen Meers. Das Klima ist nahezu tropisch. Die Hänge dicht bewachsen. Die Region ist die Heimat der uralten Vogelsprache. Das Leben in Kusköy ist einfach. Viele Häuser sind bis heute nur zu Fuß zu erreichen. Wir besuchen Kadin Bebek, eine 65-jährige Bäuerin, die mit ihrer Nachbarin von Dach zu Dach die Vogelsprache spricht. Weit oben am Hang schaltet sich ein Nachbar in das Gespräch ein. Doch die Bäuerin Kadin Bebek sagt, er könne die Vogelsprache nicht gut.
Vogelsprache in Gefahr
Kadin Bebek lädt uns in ihr Wohnzimmer ein. Mehrere Nachbarinnen sind gekommen, um zu sehen, was die ausländischen Fernsehmenschen wollen. Alle sind sich einig, die modernen Zeiten seien schuld daran, dass immer weniger Dorfbewohner die Vogelsprache beherrschen.
Im Sommer kommen die Enkelkinder aus der Stadt ins Dorf. Sie versucht den Jungs die Sprache beizubringen. Doch in den wenigen Wochen während der schulfreien Zeit ist das kaum möglich. Weil die alte Tradition der Tee- und Haselnuss-Bauern von Kusköy langsam verloren geht, hat die Unesco die Vogelsprache in ihr Schutzprogramm aufgenommen. Die Dorfbewohner hoffen auf finanzielle Unterstützung und haben eine Schule zum Erlernen der Sprache gegründet. Derzeit wird im Dorf umfangreich investier. Drei Millionen Lira, das sind knapp eine halbe Millionen Euro, hat die Gemeinde von der Unesco bekommen, um die Fassaden der Dorfstraße zu renovieren. Die Unesco will die Dorfbewohner animieren, die Vogelsprache zu erhalten.
Zwar glauben Wissenschaftler, die Vogelsprache sterbe aus. Aber derzeit nimmt das Interesse an der eigentümlichen Tradition weit über die türkischen Grenzen hinaus zu. In diesen Tagen schallen die Pfiffe regelmäßig durch das Tal von Kusköy.
Autor: Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul
Stand: 15.09.2019 23:43 Uhr
Kommentare