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Türkei: Mit einem Podcast zu mehr sexueller Offenheit

PlayEine Frau vor einem Mikrofon beim Aufnehmen eines Podcasts
Türkei: Mit einem Podcast zu mehr sexueller Offenheit | Bild: Ilanit Spinner und Aylin Dogan / ARD Istanbul

Tulug Özlü auf dem Weg in ein Istanbuler Tonstudio mit ihrem heutigen Gast. Seit fünf Jahren produziert die junge Frau wöchentlich ihren Podcast "Umarim annem dinlemez." übersetzt "Ich hoffe, meine Mama hört nicht zu." Gesprochen wird über Sex und Dessous, aber auch sexuelle Gewalt, oder den Besuch beim Frauenarzt. Themen über die in der Türkei sonst kaum geredet wird.
Bis heute weiß die Familie nicht, dass Tulug sexuell aktiv ist. Nicht ungewöhnlich in dem konservativen und religiös geprägten Land. Die traditionellen Medien unterliegen einer strengen staatlichen Kontrolle, deswegen nutzen immer mehr Frauen soziale Netzwerke, um offen zu sprechen. Mit ihrem Podcast hat Tulug inzwischen eine Million Menschen erreicht.

Dass Tulug mit ihrem Podcast und Auftritten eine Frauenbewegung in Gang gesetzt hat, ist ihr inzwischen klar. Mit der gestiegenen Popularität, wächst aber auch die Angst vor staatlicher Einschüchterung.

Seit den Wahlen im Mai vergangenen Jahres ist das türkische Parlament so konservativ besetzt wie noch nie. Sexualkundeunterricht gibt es nicht, der Geschlechtsverkehr soll vor allem der Reproduktion dienen.
Dieses konservative Weltbild angelehnt an ein islamisches Wertesystem vermitteln zahlreiche YouTube-Kanäle und Prediger in der Türkei. Auch sie haben hunderttausende Follower und Abonnenten. Hier werden unter anderem Verhaltensregeln der Frauen für eine gute Ehe und Beziehung dargestellt. Mindestens drei Kinder soll eine türkische Frau gebären, fordert Präsident Erdogan bereits seit Jahren: "Eine Frau, die das Muttersein ablehnt und darauf verzichtet, sich um den Haushalt zu kümmern, läuft Gefahr, egal wie erfolgreich sie im Berufsleben auch sein mag, ihre Eigenschaften zu verlieren. Sie ist unvollständig, nur die Hälfte eines Ganzen."

Trotz dieser Aussagen – türkische Frauen gehen längst neue Wege. Seit Erdogan an der Macht ist, ist die Scheidungsrate gestiegen, während die Geburtenrate weiter sinkt. Frauen wie Tulug wollen sich nichts mehr vorschreiben lassen.
Immer mehr Türkinnen gehen wie Tulug mutig und selbstbewusst ihren eigenen Weg.

Autorinnen: Ilanit Spinner und Aylin Dogan, ARD Istanbul

Stand: 16.06.2024 19:49 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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