SENDETERMIN So., 29.01.23 | 18:30 Uhr | Das Erste

Ukraine: Die Scharfschützin

Ukraine: Die Scharfschützin | Bild: BR

Wir treffen sie an einem geheimen Ort: Olena Bilozerska, ukrainische Scharfschützin. Sie sichert die Einsätze ihrer Kameraden – aus der Distanz, an der Front, auch jetzt in der Nähe von Bakhmut: "Die Russen hassen mich, zeigen mich zur Hauptsendezeit im Fernsehen und machen mich zum Monster. Sie behaupten, ich töte Kinder und Zivilisten. Sie haben schon einige Male meinen Tod verkündet oder meine Gefangenschaft - alles Lüge."

Während viele Ukrainer für sie beten, steht sie in Russland auf Todeslisten. Da ihr Gesicht bekannt ist, dürfen wir sie zeigen. Seit acht Jahren ist sie Soldatin, hat ihren Job als Journalistin aufgegeben, um ihr Land zu verteidigen: "Als Scharfschützin muss ich stundenlang da liegen, auch wenn sich viel bewegt, ich Schreie höre. Ich darf mich nicht von meinen Gefühlen überwältigen lassen."

Scharfschützinnen für die Ukraine

700 Kilometer von der Front entfernt, in Kiew: Für eine andere Scharfschützin, Jewgenia Emerald, ist der Einsatz erst einmal vorbei. Denn die 29-Jährige ist schwanger: "Das ist eine Uniform für Schwangere. Sie wurde für mich angefertigt als erste schwangere Soldatin. Mittlerweile gibt es mehrere Schwangere und die Uniform wird serienmäßig hergestellt."

Nach dem Einmarsch der Russen ist sie sofort zur Armee gegangen wie 50.000 andere Frauen auch. 5000 davon an der Front.
Als Frau in der ukrainischen Armee hatte sie es schwer, denn die Strukturen sind noch sehr veraltet: "Als ich ankam, hieß es: Und wer ist das, die neue Sanitäterin? Die neue Köchin? Im Prinzip kämpfte ich von dem Moment an zwei Fronten: mit dem Feind und mit meinen Kameraden. Denn ich fing gleich an, mich als Kämpferin zu positionieren. Und Männer mögen keine Konkurrenz."

Das weiß sie aus Erfahrung als erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie hat als Juwelierin gearbeitet. Doch der Krieg hat sie verändert: "Der Krieg hat mir gezeigt, wer ich wirklich bin und dass ich nicht viel brauchte um glücklich zu sein. Ich habe erkannt, dass teure Markenartikel keine Menschen ernähren können. Und ich habe begriffen, im hier und jetzt zu leben. Denn morgen kann alles vorbei sein."

Liebe und ein Kind im Krieg

Der Vater ihres Kindes ist auch Soldat. Kennengelernt haben sie sich am Bahnhof von Kiew, auf dem Weg in den Donbass. Es war Liebe auf den ersten Blick. Einige Freunde verstehen nicht, dass die beiden jetzt ein Kind haben wollen. Und so sitzt sie manchmal stundenlang und schaut auf ihr Handy, um zu sehen, ob er ihr geschrieben hat. Mit Herzklopfen verfolgt sie die Nachrichten. Unerbittlich stehen sich dort seit Wochen ukrainische und russische Truppen gegenüber.

Die Scharfschützin Olena Bilozerska ist überzeugt, dass die ukrainischen Streitkräfte durch neue westliche Waffen- und Abwehrsysteme einen Durchbruch erzielen werden: "Was wir gerade an der Front erleben ist eine Materialschlacht wie im Ersten Weltkrieg. Nur mit moderner Technologie, mit modernen Flugabwehrsystemen, Wärmebildkameras und Drohnen können wir dagegen angehen."
Das ist ihre Hoffnung und irgendwann wieder ins normale Leben zurückzukehren.

Autorin: Birgit Virnich, ARD Kiew

Stand: 29.01.2023 23:07 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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