So., 09.02.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: Gefährliche Einsamkeit – Trucker in Alaska
Kurz vor Abfahrt: Der Truck muss perfekt funktionieren. Er ist Leahs Lebensversicherung. Leah Sifuentes ist stolz darauf, die erste weibliche Spediteurin auf der Straße zu sein, die manche den gefährlichsten Highway der USA nennen. Pinker Rucksack, pinke Strähnen – ihr Spitzname unter den Truckern: Pinky.
Leah startet ins Ungewisse: "Scheint gut zu werden. Wir werden es erleben." Und genau das macht es für Leah so spannend. Ihr Gefühl vor Abfahrt: "Aufgeregt. Ich liebe die Herausforderung. Seid ihr bereit?"
Hunderte Kilometer liegen vor ihr, elf bis zwölf Stunden Fahrt: Minus 30 Grad, Einsamkeit und Dunkelheit. Leah liebt den Nervenkitzel der Straße, erzählt sie, obwohl sie Trucker kennt, die gestorben sind, obwohl sie beim Anlegen ihrer Schneeketten selbst einmal fast gestorben sei – als ein anderer LKW auf sie zu rutschte.
Leah ist gemeinsam mit Ron unterwegs. Der ist bei ihr angestellt und fährt den zweiten LKW. Ab hier wird es für die beiden richtig einsam. Knapp 130 Kilometer hinter Fairbanks, der zweitgrößten Stadt Alaskas, startet der Dalton Highway. Er ist die einzige Straße, auf der man die Ölfelder im Norden erreichen kann.
Highway - was klingt wie eine gut ausgebaute Straße ist im Sommer größtenteils Schotterpiste, im Winter verschneit und vereist. An der Brücke über den Yukon steht eine von nur zwei Tankstellen auf der 666 Kilometer langen Straße – der Inbegriff von Einsamkeit. Neben dem Highway frisst sich die Öl-Pipeline durch die Landschaft. Beide sind untrennbar miteinander verbunden.
Logistikader Alaskas
Autos, Benzin, Baumaterial wie Rohre, Lebensmittel – alles, was die Arbeiter der Öl-Konzerne brauchen, muss in die Arktis transportiert werden. Vieles kommt per LKW – über diese eine einsame Straße. Entlang des Highways gibt es keinen Handyempfang. Deshalb sind Leah, Ron und die anderen Trucker in der Nähe per Funk in Kontakt, um sich vor schlechtem Wetter und der Straße zu warnen.
Hier in Coldfoot, dem einzigen größeren Ort auf 666 Kilometern Strecke mit: 34 Einwohnern, zwei Tanksäulen und dem einzigen warmen Essen auf der Fahrt gibt es Omeletts, Suppe und Frittiertes. Hier hat Leah wieder Handyempfang und erfährt mehr über die Straßenverhältnisse: Am Pass herrscht Lawinengefahr. Ob er offenbleibt, ist unklar. Das ist Leah zu heikel. 0 Grad Fahrenheit – knapp Minus 20 Grad Celsius. Mit Planen schützt Leah den Moto und macht es sich selbst hinterm Fahrersitz bequem. Der Truck ist ihr Zuhause – außerdem kostet sie die Übernachtung so nichts. Kalt wird es den Truckern nicht, die ganze Nacht läuft die Heizung.
Der nächste Morgen: Anruf beim Ehemann bevor das Handy wieder keinen Empfang mehr hat. Der Müll muss raus – das will sie ihm noch sagen. Der macht sich Sorgen wegen der Straßenverhältnisse. Leahs Mann ist selbst Trucker und kennt die Herausforderung, die Leah noch vor sich hat: Den Gebirgspass, an dem es kein Zurück gibt.
Am Pass geht alles gut. Trotz der Gefahr liebt Leah ihren Job. Und: Die Trucker verdienen gut. Etwa 165.000 Dollar pro Jahre zahlt sie ihren Angestellten, sagt Leah. Das liegt deutlich über dem US-Durchschnitt. Die Spedition hat zusammen mit ihrem Mann gegründet.
Dann haben sie es geschafft: Zurück aus der Wildnis und wieder unter Menschen. Beim Entladen dürfen wir nicht dabei sein – die Ölfelder sind abgeschottet. Im Ort gibt es wenig außer Containerhotels für die Ölarbeiter und allem, was für die Ölförderung nötig ist. Leah und Ron wollen schnell wieder los.
Eineinhalb Tage dauert die Rückfahrt. Danach hat Leah erstmal frei. Für Ron steht schon die nächste Fahrt an.
Sarah Schmidt, ARD Washington D.C.
Stand: 09.02.2025 23:56 Uhr
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