So., 21.01.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: Ist Donald Trump noch zu stoppen?
In Iowa hat Donald Trump die Vorwahlen mit wehenden Fahnen gewonnen. Wenn er auch in New Hampshire seine Herausforderer abhängt, ist das Rennen gelaufen, sagen Analysten. Vor allem Nikky Haley setzt große Hoffnungen auf den Staat. Umfragen sehen sie nicht mehr allzu weit von Trump entfernt. Aber reicht es für einen Sieg oder zumindest einen engen zweiten Platz? Der Neuenglandstaat ist liberaler und repräsentativer als Iowa und dort dürfen auch Unabhängige bei den Vorwahlen abstimmen, nicht nur die trump-treue Basis der Partei. Deshalb ist das Rennen um die konservative Präsidentschaftskandidatur in New Hampshire tatsächlich spannend.
Nikki Haley muss in New Hampshire gewinnen
Es ist der siebte Auftritt für sie an diesem Tag. Seit Monaten setzt Nikki Haley alles auf New Hampshire, besucht jeden Winkel, flutet den Staat mit Werbung. Sie bietet sich an als Alternative zu Trump: als Speerspitze einer jüngeren Generation, als jemand ohne Gerichtsprozesse und Drama. "Ich habe Donald Trump zwei Mal gewählt. Ich war stolz, in seiner Regierung zu arbeiten", sagt Nikki Haley. "Wir stimmen in vielem überein. Aber zu Recht oder zu Unrecht: wo er ist, ist Chaos. Ihr wisst, ich hab' Recht. Und wir können keine vier weiteren Jahre Chaos verkraften. Wir würden das nicht überleben."
Annmarie Timmins ist Lokalreporterin, berichtet seit Jahrzehnten aus New Hampshire. Ich darf sie zwei Tage im Wahlkampf begleiten. Wenn mir einer erklären kann, warum der Bundesstaat so wichtig ist für Haley, dann sie. Und Annmarie bestätigt, was hier viele Analysten sagen: Haley muss New Hampshire gewinnen. "Wenn sie es hier nicht schafft, wird’s schwer. Wir in New Hampshire sind quasi ideale Wähler für sie. Wir sind weniger religiös, sehr gebildet, moderater. Es gibt hier eine große Anti-Trump-Stimmung. Also: wenn sie hier nicht gewinnen kann, wie will sie es dann irgendwo anders im Land schaffen?"
Auch Donald Trump hat seine Unterstützer
Vor allem, weil es hier in New Hampshire noch eine Besonderheit gibt: Hier dürfen nicht nur Republikaner abstimmen, bei denen Trump traditionell stark ist, sondern auch unabhängige Wähler. Das Red Arrow Diner in Manchester ist eine Institution seit über 100 Jahren. Vor allem zur Frühstückszeit bei den Einheimischen sehr beliebt. Ein idealer Ort für mich, um mit Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen. Das Diner ist auch ein beliebter Stopp für Präsidentschaftsbewerber. Auch Trump und Haley waren schon hier.
An diesem Morgen sprechen sich hier viele für Trump aus. "Ich mag, dass er Unternehmer ist", meint Tim Ager. "Ich war im Militär und habe viel Ineffizienz in der Regierung gesehen. Ich mag, wenn jemand das aufmischt." Bill Rysanek findet dagegen: "Nikki Haley, weil sie von allen Republikanern am demokratischsten ist. Sie arbeitet über Parteigrenzen hinweg und das braucht die Demokratie." Und Marc Montplaisir sagt: "Ich weiß nicht viel über Politik, aber ich werde für Trump stimmen. Er sagt, was er denkt, er ist echt."
Wer hat bessere Chancen, Joe Biden zu besiegen?
Annmarie und ich sind in Concord, wo Trump-Fans schon Stunden vor dessen Auftritt Schlange stehen. Nikki Haley hat zwar in den letzten Wochen deutlich aufgeholt in den Umfragen, doch in der jüngsten legt Trump wieder zu. Annmarie sagt, Haley müsse ihre Politik immerzu erklären. Bei Trumps Veranstaltungen hingegen erlebe sie eine Art unhinterfragten Personenkult. Und tatsächlich wird Trump auch hier später gefeiert wie ein Rockstar.
Michael Moffett wünscht sich Haley als Kandidatin seiner Republikaner. Er ist Abgeordneter im Parlament von New Hampshire. Und sorgt sich, dass seine Partei mit Trump bei den Präsidentschaftswahlen wieder verlieren wird. "Manche werden sofort wütend bei Trump – es stimmt! – selbst in meiner eigenen Partei; und erst recht bei Unabhängigen und Demokraten. Bei Nikki gibt es das nicht. Sie schlägt Biden in Umfragen mehr als jeder andere Kandidat. Trump gegen Biden wäre wieder eng."
Tatsächlich schneidet Haley in Umfragen gegen Biden besser ab als Trump. Aber um Kandidatin ihrer Republikaner zu werden, müsste sie zunächst die Vorwahlen gewinnen. Ich treffe Annmarie in ihrer Redaktion. Sie war in den zurückliegenden Wochen auf so vielen Wahlkampfveranstaltungen, hat mit unzähligen Wählerinnen und Wählern gesprochen – wagt sie eine Prognose? "Gestern dachte ich, Nikki hat eine wirklich gute Chance. Aber heute habe ich das Gefühl, dass sie vielleicht doch Zweite wird. Ich habe mit einigen Wählern gesprochen, die nochmal überlegen. Sie sind unentschlossen." Am Wahlabend am Dienstag wird Anmarie sich an Nikki Haleys Fersen heften. Sie wird die Kandidatin sein, auf die nicht nur New Hampshire schaut, sondern ganz Amerika.
Autorin: Kerstin Klein, ARD-Studio Washington
Stand: 21.01.2024 22:46 Uhr
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