Mo., 29.05.17 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Trump – der neue Nixon?
Washington. Wie gelähmt wirkt der Politikbetrieb der Weltmacht in diesen Tagen. Das Weiße Haus wie im Ausnahmezustand. Denn über der Hauptstadt schwebt die Frage, ob sich unter Präsident Trump gerade Geschichte wiederholt. Die Geschichte von Watergate.
"Das ist Watergate auf Anabolika"
"Wir erreichen einen Punkt, wo es das Ausmaß von Watergate erreicht hat", sagt John McCain, Senator der Republikanische Partei.
"Wenn jemand beweisen kann, dass Trumps Wahlkampfteam und die Russen zusammengearbeitet haben und der Präsident davon wusste, wäre das wahrscheinlich genug, um seine Präsidentschaft zu beenden", so Ray Locker, ein Nixon-Biograf.
"Das ist Watergate auf Anabolika", findet Nick Ackerman, Staatsanwalt in der Watergate-Affäre.
In der Nacht zum 17. Juni 1972 brechen fünf Männer im Watergate-Gebäude ein. Sie wollen hier im Hauptquartier der Demokratischen Partei Abhörwanzen installieren und Dokumente fotografieren. Mitten im Präsidentschaftswahlkampf. Zwei Reporter von der Washington Post enthüllen, dass die Spuren des Einbruchs bis ins Weiße Haus führen. Am Ende muss Präsident Richard Nixon zurücktreten.
Wiederholt sich die Geschichte?
Auch Präsident Trump steht nun im Zusammenhang mit einem Einbruch in der Wahlkampfzentrale der Demokraten unter Druck. Dieser Einbruch geschah im vergangenen Jahr, allerdings geräuschlos und aus der Ferne. Emails von Top-Demokraten wurden gestohlen und auf Wikileaks veröffentlicht. Waren es russische Hacker, die Donald Trump zum Sieg verhelfen wollten? Trump selbst hatte Russland dazu aufgefordert, Emails zu finden, die seine Gegenkandidatin Hillary Clinton als Außenministerin auf einem privaten Server gespeichert hatte.
"Russland, wenn ihr zuhört, ich hoffe, ihr findet die 30.000 Emails, die fehlen", so Donald Trump am 27.7.2016.
Fakt ist: Trumps nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn musste bereits zurücktreten, weil er Kontakte zu russischen Diplomaten verschwiegen hatte.
Fragwürdige Russland-Verbindungen
F.B.I. Direktor James Comey ermittelte gegen Trumps Wahlkampfteam wegen fragwürdiger Russland-Verbindungen – und wurde schließlich von Präsident Trump gefeuert. Der gab sogar zu, dass er Comey wegen der Russland-Ermittlungen entlassen habe.
"Als ich diese Entscheidung traf, sagte ich zu mir selbst, dieses Russland-Ding mit Trump und Russland ist ausgedacht", so Donald Trump am 11.5.2017.
Trump feuerte FBI-Chef Comey, so wie schon Nixon den Watergate-Sonderermittler Archibald Cox gefeuert hatte. Nick Ackerman gehörte damals zum Team von Cox. Heute arbeitet er als Anwalt, aber in seinem Büro hängen noch immer die Verhaftungsfotos der Watergate-Einbrecher und sein Dienstausweis. Für den früheren Staatsanwalt in der Watergate-Affäre steht schon jetzt fest, dass Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht hat.
"Am Tag nach der Entlassung hat Trump sich dann auch noch mit dem russischen Außenminister und dem Botschafter getroffen. Er hat ihnen gesagt, dass Comey ein Spinner sei und dass der Druck jetzt weg sei. Der Fakt ist unbestreitbar, dass Trump wiederholt versucht hat, die Ermittlung zu versenken und das ist eine Behinderung der Justiz."
Anfang vom Ende der Präsidentschaft Trumps?
Vor dem Geheimdienstausschuss des Senates wird der gefeuerte FBI-Direktor Comey in der kommenden Woche öffentlich aussagen. Sollte er bestätigen, dass Trump ihn gebeten hat, seine Ermittlungen einzustellen, könnte das der Anfang vom Ende der Präsidentschaft Trumps sein. Ein Amtsenthebungsverfahren kann allerdings nur von einer Mehrheit im Repräsentantenhaus eröffnet werden, und die haben derzeit Trumps Republikaner. Ob sie sich gegen ihren Präsidenten stellen, ist fraglich.
Der Nixon-Biograf Ray Locker sagt, nach Watergate erlebe Amerika jetzt Trumps Russland-Gate. Auch er ist davon überzeugt, dass Trump versucht hat, die Justiz zu behindern. Und doch seien Nixons Vergehen noch schlimmer gewesen.
"Nixon hat schon vor dem Watergate-Einbruch versucht, viele Dinge zu vertuschen. Er hat seine eigenen Leute ausspioniert und auch Journalisten. Schon bevor er gewählt wurde hatte er einen internen Sicherheitsplan, der die Bürgerrechte vieler Menschen verletzt hat."
Geschichte als guter Ratgeber
Doch Nixon scheint für Trump kein abschreckendes Beispiel zu sein. Im Gegenteil. Seitdem sie sich 1989 bei einer Feier kennen lernten, bewundert Trump Nixon. Im Oval Office hat Trump einen Brief aufgehängt, in dem Nixon ihm schrieb, er werde ein Gewinner sein, sollte er jemals für ein politisches Amt kandidieren.
Nixon behielt Recht. Und Trump sucht sogar Rat bei Nixons Vertrauten, wie etwa Roger Stone, einem umstrittenen Politikberater. Vielleicht wäre auch die Geschichte ein guter Ratgeber. Denn wer aus den Fehlern der Geschichte nichts lernt, so heißt es, läuft Gefahr sie zu wiederholen.
Autor: Jan Philipp Burgard/ARD Washington
Stand: 14.07.2019 17:32 Uhr
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