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USA: Trump oder Biden – wie wählt die GenZ?

USA: Trump oder Biden – wie wählt die GenZ? | Bild: WDR

Schlussspurt. Christina Cover hat in den letzten Wochen jede freie Minute damit verbracht, Klinken zu putzen für die New Yorker Vorwahlen. Der perfekte Testlauf für die große Wahl im November. "Trump ist nicht der Mann, den wir wollen, er ist überhaupt keine Führungsfigur. Deshalb versuchen wir alles zu tun, um gegen den wachsenden Faschismus zu kämpfen von Trump und seinen Leuten", erklärt sie.

Sie ist der Star der jungen Demokraten. Alexandra Ocasio-Cortez, ihre Frau in Washington. Jung, dynamisch und so ganz anders als die alten Herren im Kongress, sagt Christina. Eine Politikerin, die uns versteht. "Let’s go Bronx!" Sie sind stolz, dass ihre Abgeordnete die Kritik der jungen Linken an Bidens Israel-Politik schon früh nach Washington getragen hat. "Was in Gaza passiert, wirkt sich direkt auf uns alle aus. Deshalb haben unsere Schulen weniger Geld. Das, was sie ausgeben, um Gaza plattzumachen, fehlt in unserem Gesundheitssystem", sagte Alexandra Ocasio-Cortez.

Viele hier verzeihen es Biden nicht, dass er bis heute keinen Waffenstillstand durchsetzen konnte. "Die jungen Wähler sind entscheidend. Wir haben die Zwischenwahlen 2022 für Joe Biden geholt. Deshalb sind viele so frustriert, dass er uns jungen Leuten nicht zuhört", erzählt Eva Borgwardt. "Ich hab genug von Politikern, die neue Technologien nicht verstehen – und wie unsere Welt funktioniert", sagt Gabriella Orozco. Immer häufiger hört Christina, dass junge frustrierte Linke gar nicht wählen wollen. Bei aller Kritik: Es gehe doch darum, Trump zu verhindern: "Wir müssen es schaffen, die Jungen zu mobilisieren, mit Protesten und anderen Aktionen. Dann können wir etwas verändern."

Auch in Städten wie New York denken junge Menschen konservativ

USA: Pro Republikaner – Gen Z in New York.
USA: Pro Republikaner – Gen Z in New York. | Bild: WDR

Samstagnachmittag in Manhattan. Der Club der jungen Republikaner hat eingeladen zu Drinks und Snacks. Alexis Winters war früher mal Feministin und links, damals an der Uni sei das cool gewesen. Doch jetzt ist sie überzeugte Republikanerin – auch ihren Freund hat sie hier kennengelernt: "Wenn Leute hören, dass ich Republikanerin in New York City bin, dann glauben sie, das muss schwierig sein, und es gibt gar nicht so viele hier. Aber das stimmt nicht. Viele von uns reden nur nicht darüber."

Vor fünf Jahren noch hatte der Club 40 Mitglieder. Heute sind es 1200. Alexis ist überzeugt: Es gibt viel mehr junge Leute, die konservativ denken. Man muss sie nur ansprechen. "Solche Partys sind wichtig, um Leute zu mobilisieren, mit denen zu sprechen, die sonst nie Wahlkampf machen oder sich für Kandidaten einsetzen würden. Aber hier kann ich mit ihnen reden, ihnen erklären, das ist echt wichtig", sagt sie.

Donald Trump ist ihr großer Star. Sein Alter, seine Lügen, seine vielen Gerichtsverfahren – das alles verzeihen sie ihm. "Wir brauchen Leute wie ihn, schonungslos, geradeheraus, schwarz und weiß, keine Grautöne", findet Sidelle Sydney. "Aber er wurde hier in New York als Straftäter verurteilt. Stört dich das?" "Nein. Viele Leute können sich doch damit identifizieren, was er durchmachen muss, so geht’s doch auch vielen Schwarzen."

Jung und extrem rechts – das verbindet. Auch international. Nach dem Rechtsruck bei der Europawahl werden die Verbindungen enger. "Wenn man sich die Kontroverse um das Ausländer-Raus-Lied anguckt, das Deutschland ja offenbar im Sturm erobert hat: Jeder auf dieser Veranstaltung kennt den Song, könnte ihn dir vorsingen, auch wenn sie kein Deutsch sprechen. Weil es einen Nerv trifft", erzählt Nathan E. Berger, der Vizepräsident des New York Young Republican Clubs. Sie hoffen, dass die Erfolgswelle ihrer Freunde in Deutschland und Frankreich auch ihnen hilft in diesem Herbst.

Amerikas Millenials und die Generation Z – die unter 45-Jährigen könnten die Wahl im November entscheiden. Bisher waren sie immer eine feste Bank für die Demokraten. Aber auch diesmal?

Wahlkampf auf Tiktok?

USA: Demokraten in New York werben dafür, wählen zu gehen.
USA: Demokraten in New York werben dafür, wählen zu gehen. | Bild: WDR

"The President is now on Tiktok." Tiktok bekommt eine immer größere Bedeutung in diesem Wahlkampf. Für viele junge Wähler ist die Plattform die wichtigste Informationsquelle. In Los Angeles treffen wir Julian Sarafian. Er ist Politik-Influencer, hat 320.000 Follower auf Tiktok. "Wir haben ein Problem mit den jungen Wählern in Amerika, und ich bin sicher, das haben andere Nationen auch. Junge Wähler interessieren sich immer weniger für Politik. Es kann sehr konfrontativ sein, beängstigend, stressig. Deshalb wollen viele junge Leute nichts mit Politik zu tun haben", erklärt er.

Julian hat sich mit Freunden verabredet – fürs erste TV-Duell. 90 Minuten im Fernsehen, viele junge Wähler werden davon nur 15-Sekunden-Clips in den sozialen Medien sehen. "Die unterhaltsamen Momente gehen viral, wenn sie sich gegenseitig beschimpfen, wenn einer dem anderen etwas richtig fieses vorwirft, die persönlichen Attacken", erzählt der Tiktoker. Er versucht’s mit Inhalten: "Ich hab mir gerade das erste Duell zwischen Biden und Trump angeguckt. Ich glaube nicht, dass die Vorstellung der Kandidaten irgendetwas grundlegend verändert hat, weder ihre Botschaften noch ihre politischen Ideen."

Christina hat kaum ein Auge zugemacht nach dem Duell – konnte es fast nicht aushalten vor dem Fernseher. Joe Biden – so alt, so unverständlich, so weit weg von jungen Wählern in der Bronx, sagt die Lehrerin: "Es war total enttäuschend. So traurig und bedrückend. Ich konnte gar nicht genug Wein trinken. Wir sollten uns wirklich überlegen, ob wir unsere Strategie ändern und jemand anderen aufstellen, jemand, der beliebt ist und für die Demokraten antreten kann."

Wie andere überzeugen, mit so viel Wut und Zweifel im eigenen Bauch? Nicht einmal ihre Cousine Samantha will im November wählen. "Was meinst du, brauchen junge Wähler, um motiviert genug zu sein, zur Wahl zu gehen?" "Wir haben keine Ahnung, wofür wir wählen, wen und warum. Was ändert das schon?", sagt Samantha Edwards.

"Willkommen in unserem bescheidenen Zuhause. Hier wohne ich mit meinem kleinen Sohn. Er schläft bei mir im Bett, das da hinten ist seine Ecke." Samantha lebt noch bei ihren Eltern, als Kosmetikerin verdient sie nicht genug für eine eigene Wohnung: "Ich habe mein Interesse verloren an den Politikern, die kümmern sich nicht um uns. Die hohen Mieten, das unsichere Gefühl in der U-Bahn. Junge Schwarze kaufen sich Waffen, sind in Gangs aktiv. Es muss sich viel verändern."

Foto-Shooting am Sonntagmittag. Alexis beste Freundin Becky wird von einer Fotografin begleitet. Die jungen Rechten sind gerade sehr gefragt. Auch sie haben das Duell der beiden alten Herren gesehen. Trump habe klar gewonnen, sagen sie – mit einem großen Aber: "Sogar bei den Rechten sind die Leute nicht total begeistert von Trumps Alter. Wir sind natürlich für Trump, aber ich hätte lieber einen jüngeren Kandidaten." "Ist Trump der Mann der Stunde? Ja. Ist er der Mann für die Zukunft? Nicht wirklich. Es ist Zeit für eine neue Generation. Und das sind wir", findet Becky.

Vier Monate bis zur Wahl. Und viele junge Wähler fragen immer lauter: Wie können zwei Männer, die ihre Großväter sein könnten, über ihre Zukunft entscheiden?

Autorin: Marion Schmickler / ARD New York

Stand: 08.07.2024 10:31 Uhr

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