So., 02.06.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Vietnam - Die blutige Spur der Nashornmafia
Handel mit dem Horn
Der Mann aus Hanoi möchte unerkannt bleiben. Denn der Stoff, den er einnimmt, ist illegal. Zunächst zerreibt er das Stück Nashorn zu Pulver. Dann trinkt er die milchige Flüssigkeit. Und hofft auf eine heilende Wirkung.
O-Ton Rhino-User
Der Kauf von Nashorn-Produkten ist verboten - auch in Vietnam! Doch es gilt als vermeintliches Wundermittel. Es soll den Körper entgiften, Krämpfe lösen. Bei Potenz-Problemen, Rheuma und sogar Krebs helfen.
Wir begeben uns auf die Spur der Nashorn-Mafia. Unsere Recherchen beginnen in Südafrika - Heimat von 20.000 Rhinozerossen. Doch die Wilderei ist zur größten Gefahr für ihr Überleben geworden.
Das Tiermassaker ist inzwischen ausser Kontrolle geraten. Die Nashörner werden regelrecht abgeschlachtet. Mit Motorsägen oder Macheten trennen die Jäger die Hörner ab. Die Tiere verenden meist qualvoll. Allein 2012 hat Südafrika 668 Nashörner verloren. Das bisher blutigste Jahr.
Die Wildtier-Mafia operiert weltweit. Ihre blutige Spur führt von Südafrika nach Asien. Ins 10.000 Kilometer entfernte Vietnam.
Wir sind nach Hanoi gekommen, wollen wissen, warum die Tiere so grausam sterben müssen. Warum ausgerechnet Vietnam als Umschlagplatz für das Horn aus Südafrika gilt!
Wir treffen die Tierschützer der Organisation Traffic. Sie haben den Zusammenhang zwischen der Wilderei in Südafrika und der Nachfrage aus Vietnam untersucht. Und sind sich sicher: Die Drahtzieher sitzen in Asien!
O-Ton Bret Tolman, Tierschutzorganisation TRAFFIC
Bilder der Schmuggelware. Die Hörner werden meist im Reisegepäck versteckt. Und nur ein Bruchteil wird bei den Zoll-Kontrollen entdeckt.
Wir erfahren, dass sich eine ganze Zulieferindustrie rund um den Konsum der Hörner gebildet hat.
Unsere nächste Station: Ein Porzellangeschäft in Hanoi. Wir müssen nicht lange suchen.
Diese Teller sind mit einem Nashorn-Logo verziert. Die Oberfläche ist angeraut. Das Fixer-Besteck für den Nashorn-Junkie!
In der Altstadt von Hanoi wollen wir herausfinden, wie leicht ist es, an Nashornpulver zu kommen. Die Lang Ong-Straße ist bekannt für traditionelle asiatische Medizin. Hier machen wir den Test. Als Touristen mit einer kleinen Kamera.
Gleich im ersten Laden ist man bestens vertraut mit Nashornpulver!
Das 100 Gramm-Stück für 2.500 Dollar. Doch im Moment sei alles ausverkauft, erzählt uns dieser Händler.
Das Pulver sei gut, wenn man zuviel getrunken habe. Er empfehle es vor allem, um bei Kindern Fieber zu senken. Und auch er erzählt von dem Gerücht, dass es gegen Krebs helfen soll.
Der Glaube an die Kraft des Nashornpulvers - er kennt keine Grenzen. Im nächsten Laden erzählt man uns, dass es auch gut bei psychischen Erkrankungen sei. Aber es sei sehr teuer, sagt diese Händlerin. Und sie habe es gerade nicht da.
Von der angeblichen Wunderwirkung sind die meisten überzeugt.
Doch nur wenige wollen sich offen vor unserer Kamera äußern.
O-Ton
Zeigen will uns niemand sein Nashorn. Man könne uns nicht trauen, kenne uns nicht lange genug. Wir merken, die Händler sind vorsichtiger geworden!
Bei den Tierschützern von TRAFFIC erfahren wir, dass Nashorn nicht nur unter dem Ladentisch verkauft wird. Auch über das Internet wird das illegale Pulver gehandelt.
Eine einfache Suchanfrage im Internet. Schnell werden wir fündig. Auf verschiedenen Seiten diskutieren Nutzer, wie man echtes Nashorn von Fälschungen aus Büffelhorn unterscheiden könne.
O-Ton Nguyen Thi Mai, TRAFFIC
Schreibt sie auch, wofür sie das Stück gebraucht habe, will ich wissen.
O-Ton Nguyen Thi Mai, TRAFFIC
Die Tierschützer setzen nun auf Aufklärung. Denn die Hörner bestehen aus Keratin, dem gleichen Protein wie die Finger- und Zehennägel des Menschen. Der medizinische Nutzen - wie beim Nägelkauen - gleich Null.
Doch der Aberglaube ist nur ein Problem. Das andere: Nashorn gilt bei manchen Neureichen als Statussymbol!
O-Ton Bret Tolman, TRAFFIC
Bret Tolmann, TRAFFIC
Der Handel mit dem Horn - ein Milliardengeschäft - organisiert wie der internationale Drogenhandel. Die letzte Spur führt uns ins benachbarte Laos. Nicht weit entfernt vom goldenen Dreieck. Hier werden nicht nur Drogen geschmuggelt, sondern auch geschützte Tiere.
Wir bekommen einen Tipp: Auf diesem Markt sollen asiatische Kunden Nashorn kaufen.
Schnell stoßen wir auf einen verdächtigen Laden. Tigerzähne, Bärenkrallen, alles wird offen präsentiert. Auch dieses Schmuckstück - angeblich asiatisches Nashorn.
Dann verschwindet sie kurz und bringt ein großes Stück - diesmal auch Südafrika.
Das sei echt, versichert sie uns. Und günstiger! 200 Gramm für 4000 Dollar.
O-Ton Verkäuferin
Auch dieses Stück Nashorn wird einen Käufer finden. Ein Mordsgeschäft - bei dem es ansonsten nur Verlierer gibt. Die abgeschlachteten Nasshörner in Südafrika. Und Menschen, die bereit sind, tausende Dollar für ein wirkungsloses Pulver auszugeben.
Stand: 02.06.2013 21:07 Uhr
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