So., 24.02.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Brasilien/Philippinen: Wir wollen Papst
Ein ganz normaler Donnerstagabend in der Megakirche „Mae de Deus“ in Sao Paulo. Wenn Padre Marcelo Rossi zum Gottesdienst lädt, dann kommen Tausende seiner Schäflein. Der 45-jährige Padre ist der Superstar der katholischen Kirche in Brasilien. Unkonventionelle Gottesdienste und Sakropop, das zieht.
Gefühle und aktuelle Themen
Er ist eine Ikone. Er setzt auf Gefühle, auf Nähe, auf aktuelle Themen und hat damit erkannt, wie man die Herde zusammenhält. Seine Gemeinde wächst. Ranghohe Vertreter der Amtskirche sehen diesen Erfolg mit gemischten Gefühlen. Doch viele von ihnen schweigen. Denn auch die katholische Kirche in Brasilien, immer noch die weltweit größte, hat mit einer großen Austrittswelle zu kämpfen.
Vielleicht auch die Chance, für einen brasilianischen Papst. Kardinal Odilio Scherer aus Sao Paulo gehört zwar zur traditionellen katholischen Kirche, ist aber mit seinen 63 Jahren ein aussichtsreicher Kandidat.
„Verschwinde Teufel, hau ab Satan“, mit solchen Zeremonien, mit einem Versprechen für ein besseres Leben im Diesseits, so finden immer mehr Gläubige Zuflucht bei den evangelikalen Gemeinschaften. Jeden Tag locken sie neue Gemeindemitglieder, die vorher in katholischen Kirchen beteten.
Davon profitiert auch die Assembleia de Deus, die größte evangelikale Kirche Brasiliens. Im Norden von Rio de Janeiro hat sie der katholischen Kirche längst den Rang abgelaufen.
Hoffnung auf brasilianischen Papst-Nachfolger
Im Juli erwartet Brasilien die katholische Weltjugend. Bis zu 3 Millionen Besucher und einen neuen Papst.
Philippinen: Wir wollen Papst
Alles Gute kommt von oben – Wolkenbruch über Manila. Grau in grau - auch die sonst so leuchtende Pracht der Kathedralen. Die Filipinos aber strömen unverdrossen zum Gottesdienst. Jeden Morgen drei Messen in der Quiapo-Basilica. Beten, Beichten, Singen, Predigen - wie im Schichtdienst.
Kirchgänger
Mittelalterliche Moral
Vor den Pforten der Basilica warten die Andenken-Händler auf die Kirchgänger. Die Filipinos sind fromme Menschen. Fast 80 Millionen Einwohner glauben an die Bibel. Nirgendwo sonst in Asien gibt es mehr Katholiken. Der Einfluss der Kirche auf den Alltag der Menschen aber hat gelitten: Soeben hat die Regierung in Manila ein lang erwartetes Gesetz verabschiedet. Sie will kostenlos Kondome an die Armen verteilen auch Sexualaufklärung in den Schulen einführen… und so die hohe Geburtenrate unter den Ärmsten stoppen. Die Bischöfe predigten vergeblich dagegen an. Viele Gläubige hat die mittelalterliche Moral der Kirche verschreckt. Einzig Luis Antonio Tagle, ein junger Kardinal aus Manila, versucht zu vermitteln. Zwischen Staat, Kirche und den Gläubigen. Ein Reformer, den viele in Manila als den nächsten Papst sehen wollen.
Pater Nivardo Blanqusico:
Ein Papst aus Asien: Manila setzt große Hoffnungen in seinen Kandidaten: Auch im Vatikan solle der aufstrebende Kontinent in Zukunft eine stärke Stimme bekommen.
Der heilige Geist entscheidet über den nächsten Papst, sagen die Bischöfe in Manila. Die Filipinos auf der Strasse sind da viel direkter: Wir wollen Papst, sagen sie! Sie wünschen sich einen jungen Papst, einen der offen ist für die vielen alltäglichen Probleme der Menschen. Und wer könnte das besser als einer von hier? Für die Filipinos ist klar, der nächste Papst in Rom soll ein Asiate sein.
Reporterberichte aus Rio und Manila kurz vor dem Rücktritt des Papstes.
Autoren: Michael Stocks/ Philipp Abresch
Stand: 22.04.2014 14:05 Uhr
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