Mo., 26.07.10 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Afghanistan: Steinreich? Bodenschätze zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Nicht Millionen oder Milliarden, nein, gleich Billionen Dollar sollen sie wert sein, die tief verborgenen Bodenschätze in Afghanistans bergiger und zerklüfteter Landschaft. Seitdem amerikanische Experten des Verteidigungsministeriums - aus welch strategischen Gründen auch immer - das Land am Hindukusch erst kürzlich wieder zu einem der reichsten Länder der Welt erklärt haben, hat der Run auf die Mineralien eingesetzt. Auf einer Pressekonferenz in London versteigerte die Kabuler Regierung meistbietend die Abbau-Lizenzen. Lithium, Kohle, Kupfer, Edelsteine: Neben den USA und anderen Industrienationen klopfen auch die Supermächte der Zukunft, Indien und vor allem China, an die afghanische Haustür. Doch die Minen hier gehören oftmals Stämmen, die seit Jahrzehnten mit einfachsten Methoden und unter Lebensgefahr kleine Mengen aus dem Berg holen, um mit dem Erlös das Überleben ihrer Familien zu sichern. Lagern unter dem Hindukusch wirklich die größten Bodenschätze der Welt? Und wächst mit ihrer Ausbeutung schon der nächste Konflikt mit den Stämmen heran?
Autor: Markus Gürne, ARD-Studio Neu Delhi
Ruanda: Der saubere Herr Kagame
Ruanda, ein Land im Aufbruch: neue gläserne Bürogebäude, Hotels, Geschäfts- und IT-Zentren - und dank einmal monatlich von der Regierung verordneter Sammelaktion vermutlich die sauberste Stadt des afrikanischen Kontinents. Präsident Paul Kagame, seit dem Jahre 2000 im Amt, stellt sich Anfang August erneut zur Wiederwahl. Nach dem horrenden Genozid von 1994 will er aus Ruanda eine Art afrikanisches Singapur machen, allerdings mit harter Hand. Lob von Weltbank und Investoren, aber die Bevölkerung hat nicht viel mitzureden, Oppositionspolitiker leben gefährlich. Erst Mitte des Monats werden ein ranghoher Gegenspieler Kagames und ein Journalist ermordet, die Hintergründe sind unklar. Der Weltspiegel zeichnet das Bild eines von oben verordneten Modernisierungsschubs mit vielen Widersprüchen.
Autorin: Sabine Bohland, ARD-Studio Nairobi
China: Möbel für Milliarden
Shaji, ein - im chinesischen Maßstab - Kaff in der Provinz, setzt wirtschaftlich zum Überholmanöver an. Wo früher Müll gesammelt wurde, haben eine gute Idee und die Magie des Internets den großen Sprung nach vorn ermöglicht: Shajis Bewohner bauen jetzt Möbel (die eigenartigerweise alle so aussehen, als seien sie von IKEA ...) und verkaufen sie übers WWW auf einer virtuellen Einkaufsstraße. Weit über 1000 Familien machen schon mit, auch wenn viele Mitglieder damit zum ersten Mal in ihrem Leben vor einem Computer saßen oder sitzen. Selbst arme, einfache Leute hocken jetzt in heruntergekommenen Verschlägen vor Laptops und verkaufen Möbel, die im Hinterhof zusammengezimmert werden. Von wegen armes China, schon macht Shaji Millionenumsätze. Die Erfolgsgeschichte zeigt: Das ländliche China holt auf, und: Der Riese wird unabhängiger von globalen Krisen, die steigende Binnennachfrage bürgt für Dynamik. Und sei es nur in Gestalt billiger Möbel.
Autor: Jochen Graebert, ARD-Studio Peking
USA: Vom Schlachtfeld auf den Elitecampus
Bis Ende August ziehen die USA ihre Kampftruppen ab aus dem Irak. Viele werden verlegt nach Afghanistan. Doch was geschieht mit Heimkehrern? Manche von Ihnen gehen studieren, so wie Cameron Baker. Die Columbia-Universität in New York, eine Elite-Uni, gilt eigentlich als links. Viele der Studenten sind Kriegsgegner, legendär die Proteste auf dem Campus gegen den Vietnamkrieg. Trotzdem studieren hier derzeit 210 Kriegsveteranen. Sie sitzen mit 18jährigen im Klassenzimmer, die den Krieg nur aus dem Fernsehen kennen. Cameron war fünf Jahre lang im Irak. Das Erlebte hat ihn gezeichnet: Die Geräusche von Cola-Automaten erinnern ihn an den Pfeifton von Katjuscha-Raketen. In einer Politikvorlesung beginnt er am ganzen Körper zu zittern, als der Professor Nachrichten-Clips vom Wahltag im Irak zeigt. Als plötzlich im Filmausschnitt eine Bombe zündet, fühlt sich Cameron nach Bagdad zurückversetzt. Angst, Adrenalin, Nervosität ... Das Trauma Irak ist wieder da. - Die Uni hat Studenten wie Cameron bewusst angeworben - als Fortsetzung einer alten Tradition, die 1947 nach dem Zweiten Weltkrieg begann. Schon damals wurden Kriegsveteranen bevorzugt zum Studium in New York zugelassen.
Autorin: Anja Bröker, ARD-Studio New York
Norwegen: Knast de luxe - Verurteilt zum schönen Leben
So wie heute hat Yanik schon lange nicht mehr gestrahlt. Mehr als drei Jahre saß er wegen Drogenhandels im Gefängnis. Jetzt steht er auf der kleinen Fähre im Oslo-Fjord. Sein Lächeln sieht fast so aus, als käme er heute in die Freiheit. Doch Yanik muss noch mehrere Jahre im Knast bleiben. Er wird heute nur verlegt, kommt nach Bastoy - in eines der wohl schönsten Gefängnisse der Welt.
Bastoy ist eine Insel. 112 Gefangene leben hier. Sie haben Freiheiten, von denen man in anderen Gefängnissen nur träumen kann: Baden im Meer, Tennis, eine eigene Rockband, selbst Urlaub ist vorgesehen. Martin arbeitet auf Bastoy mit den Pferden. "Unsere Insassen sollen hier wieder lernen, selber Verantwortung zu übernehmen", sagt Gefängnis-Direktor Arne Nilsen. Wenn dann eines Tages der Tag der Entlassung kommt - in Norwegen spätestens nach 21 Jahren - dann soll es nur noch ein kleiner Schritt sein für die Insassen, kein Sprung in eine unbekannte Freiheit. Einige Gefangene fahren mit der Fähre morgens sogar aufs Festland zum Arbeiten und kehren abends wieder zurück. Mit dieser speziellen Art des Strafvollzugs hat Norwegen Erfolg. Die Gefangenenraten sind sehr niedrig im Vergleich mit anderen europäischen Ländern oder gar den USA, nur wenige Verurteilte werden nach ihrer Entlassung rückfällig.
Autor: Jürgen Kreller, ARD-Studio Stockholm
Kommentare