SENDETERMIN Mo., 10.10.11 | 04:50 Uhr | Das Erste

Weltspiegel

NEW YORK: Revolte gegen die Wall-Street:

Autorin: Anja Bröker / ARD New York

Mit ein paar hundert Demonstranten im New Yorker Finanzdistrikt hatte es vor drei Wochen angefangen. Jetzt werden es im ganzen Land täglich mehr: Bürger, die gegen die Macht des großen Geldes protestieren, gegen Finanzjongleure, die die Welt in die Krise stürzten und Amerika die Immobilienblase bescherten, durch die der "American Dream" sich für viele in einen Alptraum verwandelte. War es zunächst eine eher bunt anmutende, von Studenten dominierte Gruppe, die den Bankern zwischen Wall Street und Ground Zero verbal die Rote Karte zeigten, erweitert sich die Bewegung jetzt in alle Schichten der Bevölkerung. Es geht um Ausbildungsplätze, Jobs, um ein Leben in Würde und um die Frage, ob das demokratische System in Amerika überhaupt noch funktioniert oder die Finanzoligarchie schon längst das Sagen hat im Land. Wut und Frustration sind so groß, dass sich etliche der Protestierenden nach dem Vorbild des arabischen Frühlings einen regelrechten Umbruch wünschen. Andere hoffen, dass sich die Protestbewegung langfristig als Gegengewicht zur ultrakonservativen Tea Party etablieren kann.

CHINA: Eine Geisterstadt als wirtschaftliches Erfolgsmodell: Autorin: Christine Adelhardt / ARD Peking

Achtspurige Straßen ohne Autos, moderne Häuser ohne Bewohner, gigantische Museen ohne Ausstellungsstücke. Wir sind in Ordos, einer neu gebauten Stadt mitten in der Wüste in der Inneren Mongolei. Eine Geisterstadt, nahezu menschenleer, aber alle Wohnungen sind verkauft. Eine ganze Stadt als Geldanlage. Nutzlos, aber eben nicht wertlos. Denn neureiche Chinesen wissen nicht wohin mit ihrem Geld. Im Ausland zu investieren ist ihnen verboten, also kaufen sie Wohnungen. Teure Wohnungen. Der Immobilienmarkt boomt. Traumhafte Zuwachsraten. Ganz ohne Vermietung. Diese hochspekulativen Investments sind in China staatlich verordnet und werden mit billigen Krediten der staatseigenen Banken mitfinanziert. Wem da das böse Wort von der Immobilienblase in den Sinn kommt, dürfte nicht ganz falsch liegen. Alles eine Frage der Zeit, sagen Finanzexperten.

Ein Streifzug unserer Korrespondentin Christine Adelhardt durch die Absurditäten des Finanzmarkts im staatskapitalistischen China.

FRANKREICH: Bois de Boulogne - Stadtpark als Open-Air-Bordell: Autor: Michael Strempel / ARD Paris

Paris, die Stadt der Liebe - da denkt man gern auch ans frivole Leben, an Figuren wie Irma la Douce oder an die vielbesungene Mausefalle von Pigalle. In Wahrheit ist Paris gnadenlos gegenüber seinen Prostituierten: Freudenhäuser sind gesetzlich verboten und ein Innenminister namens Nicolas Sarkozy hat schon vor Jahren dafür gesorgt, dass auch der Straßenstrich unter Strafe gestellt wurde. Ergebnis: Die Prostituierten-Szene ist in den Bois de Boulogne vertrieben worden. Der große Stadtwald am Rand von Paris, tagsüber Familienidyll, verwandelt sich nach Einbruch der Dunkelheit zum Pariser Open-Air-Bordell. Hier bieten sich aber nicht nur Frauen an: Der Strich im Bois de Boulogne wird von Transsexuellen beherrscht: Männer, die sich als Frauen fühlen und ihre umoperierten Körper für käuflichen Sex anbieten. Eine Welt, so ganz anders als das harmonisch schöne Bild vom romantischen Paris. Michael Strempel ist es nach langer Überzeugungsarbeit gelungen, zu dieser Szene Zugang zu finden.

RUSSLAND: Putin forever? Der Widerstand formiert sich: Autorin: Ina Ruck / ARD Moskau

Die Nachricht, dass Wladimir Putin wieder Präsident werden will, hätte eigentlich niemanden überraschen dürfen. Und doch schlug sie in Moskau wie eine Bombe ein. Auch wenn Putin landesweit noch immer der beliebteste Politiker ist - viele Bürger waren und sind entsetzt, fühlen sich von den Mächtigen betrogen und für dumm verkauft und gehen davon aus, dass die Präsidentschaftswahl 2012 damit auch schon entschieden ist. Warum also überhaupt noch wählen? Heißt Demokratie in Russland "Putin forever"? Etliche junge, aktive Russen reagieren auf Putins Ansinnen einer faktisch lebenslangen Herrschaft im Kreml mit kompletter Resignation, sie wollen nur noch auswandern, egal wohin. Das Vertrauen in die Politik ist komplett dahin, nachdem die Tandem-Herrscher völlig unverblümt zugaben, dass Medwedjews Präsidentschaft eigentlich die getarnte dritte Amtszeit Putins war. Sie werfen Putin vor, das Land zur Geisel seiner Willkür und seiner alternden korrupten politischen Begleiter zu machen. Russland wohin?

Unsere Korrespondentin Ina Ruck über Moskauer Machtintrigen und ihre Folgen.

BRASILIEN: Der Monster-Staudamm: Todesstoß für Amazonien?: Autor: Thomas Aders / ARD Rio de Janeiro

Vor 36 Jahren hatte Kakaopflanzer Manuel all sein Hab und Gut in 1.000 Hektar Urwald investiert. Gehegt und gepflegt hat er seinen Dschungel in all den Jahren, bis vor einigen Monaten sein Lebenstraum plötzlich zu Ende war. „Bis hier oben wird der Staudamm alles unter Wasser setzen", sagt er. Es ist nicht irgendein Staudamm, der sein Land bedroht, sondern derjenige, um den sich halb Brasilien seit Jahrzehnten streitet: Belo Monte am Fluss Xingu im nördlichen Bundesstaat Pará, geplant als drittgrößter Damm der Welt. Aber nicht nur Bauern werden durch ihn ihr Land verlieren, sondern auch die Indianer, die für ihr natürliches Leben viel Platz brauchen, müssen dem Stausee weichen. Brasilien, das aufstrebende Schwellenland, dürstet nach Energie. Da sind Mensch und Natur zweitrangig und alle juristischen Auseinandersetzungen vergeblich: Belo Monte wird trotz aller Proteste gebaut.

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Bayerischer Rundfunk
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