So., 17.05.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Weltweit-Corona: Urlaub 2020
Das hier ist es. Das Virus, das die Welt im Griff hat. Corona überschattet auch den Tourismus. Eine Milliarden-Branche: unter Druck. Urlauber: verunsichert. Die Strände: leergefegt. Diese Bilder sind Vergangenheit. Die Sehnsucht nach Meer bleibt. Doch in diesem Sommer so unbeschwert definitiv nicht möglich.
VoxPop: "Wir haben die Enkelkinder dabei. Es macht uns Freude, jetzt gerade in dieser Zeit hier zu sein."
VoxPop: "Wir waren in Italien." "Wie hat es Ihnen da gefallen?" "Es war sehr schön, das Wetter war sehr gut. Wir hatten kaum Regen."
Weltweite Tourismusbranche leidet unter der Pandemie
Laut OECD drohen durch die Pandemie weltweit Verluste bis 400 Milliarden Euro – unvorstellbare Summen für nur einen einzigen Wirtschaftssektor. Allein in Spanien sind fast drei Millionen Menschen im Tourismus tätig. Auch Italien leidet. 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts macht der Tourismus aus. Und in Griechenland ist jeder vierte Beschäftigte in der Branche tätig. Noch. Athen will ab morgen alle Bewegungen innerhalb des Landes erlauben. Der Tourismus soll irgendwie im Juli wieder anlaufen.
Was tun gegen das Virus, gegen die Sorgen, gegen den Verlust? Kreativ werden: Das Abendliche Dinner im Gewächshaus. Eine Lösung aus den Niederlanden. Eine Idee auf der griechischen Insel Santorini: Sonnenbaden zwischen Plexiglas.
Die Hoffnung bei Urlaubern und Hoteliers wächst. Mitte Juni soll Europa die Grenzen aufmachen. Doch es bleibt auch für die weltweite Tourismusbranche – eine Reise ins Ungewisse.
Urlaub am Wörthersee – mit Auflagen
Der Wörthersee in Kärnten – auch bei den Deutschen ab dem 15.Juni wohl wieder ein gefragtes Urlaubsziel. Noch aber sind die Österreicher hier unter sich. Ein einziges Strandbad durfte bislang öffnen – alle anderen bleiben bis Ende Mai geschlossen. Das Baden ist vorerst nur unter Auflagen erlaubt. Genau genommen dürfte man sich nach dem Schwimmen hier nicht mal hinsetzen, hieß es zumindest. Die Anwohner sehen das aber gelassen:
Anneliese Komposch, Sonnenbadende: "Das, das haben wir nicht gehört."
Thomas Wieser, Badegast: "Also von den Regeln weiß ich selber so genau nichts – es wird auch nicht kontrolliert. Also wir waren jetzt zweimal da und…ja."
Waltraud Stefanics, Badegast: "Man darf sich jetzt hinsetzen, das steht draußen angeschlagen, dass man mit Abstand sich sowohl hinsetzen als auch hinlegen darf. Nur man darf die Liegen nicht benutzen."
Aber wie groß sollte der Abstand dann sein? "…der Abstand eines Babyelefanten", antwortet Waltraud Stefanics, Badegast.
Doch wenn die Deutschen ab Mitte Juni auch hierherkommen – könnte es dann nicht sehr eng werden auf den Stegen?
"Das macht nichts…mit den Deutschen teilt man sie gern", so Thomas Wieser und Nina Pongratz, Badegäste.
Keine Weltreisen dieses Jahr
Inzwischen hat auch die Saison der Wörthersee-Schifffahrt wieder begonnen. Doch gähnende Leere an Bord. Das ganze Schiff ein einziger Sicherheitsabstand. So fährt man im Moment auch eher aus symbolischen Gründen, um Zeichen zu setzen. "Natürlich ist es eher ein positives Signal für den Tourismus als derzeit ein Geschäft. Das ist uns sehr wichtig, dass auch hier am Wörthersee wieder schön langsam die Normalität einkehrt und wir haben unsere Berechnungen dahingehend revidiert, dass wir mit einem Umsatzrückgang im heurigen Jahr von Minus 60 Prozent rechnen", so Franz Huditz, Geschäftsführer Wörthersee-Schifffahrt.
Diesen Ausflug wird Ramona wohl so schnell nicht vergessen. Allein an Bord mit der eigenen Familie. Eine Überraschung in jeder Beziehung: "Aber dass es so leer ist, hätten wir uns auch nicht gedacht. Wir haben uns heute beeilt, dass wir es ja nicht verpassen, dass wir ja gescheite Sitze kriegen. Aber das macht ja nichts, das macht’s ja umso besonderer."
Auch in der Touristenattraktion Minimundus in Klagenfurt war bis eben noch kompletter Lockdown angesagt. Da es mit Weltreisen auch für Österreicher in diesem Jahr aber wohl nichts mehr wird – der Geschäftsführer weiß Rat.
"Ja, liebe Österreicher, dann bleibt nix übrig, dann müsst ihr zu mir kommen, wenn ihr um die ganze Welt reisen möchtet. Ihr könnt von Asien nach Amerika, von Italien über Deutschland sogar ungefährlich nach China", so Hannes Guggenberger, Geschäftsführer "Minimundus" Klagenfurt.
Glückliches Österreich – bist vielleicht halt doch der heimliche Nabel der Welt, wie man sieht.
Autor: Michael Mandlik/ARD Studio Wien
Proteste gegen Corona-Lockdown in Kalifornieren
Urlaubsgefühle will man sich in Huntington Beach nicht nehmen lassen. In diesem Teil Kaliforniens kämpft man gegen den Corona-Lockdown. CJ Parker ist Surfer und im normalen Leben selbstständiger Elektriker. Die meisten seiner Kunden sind Restaurants. Weil die wegen Corona schließen mussten, hat er gerade kaum Aufträge. Dass der Gouverneur von Kalifornien nicht nur die Gastronomie, sondern zeitweise auch die Strände schloss, macht CJ wütend.
"Wenn Du diesen Strand in dieser Surfer-Stadt nochmal schließt, werden die Leute hier Autos anzünden. Ich persönlich würde das nicht tun, aber ich weiß dass die Menschen hier das machen würden. Wir sehen es so: Die staatliche Autorität endet hier an der Wasserkante. Und was unseren Gouverneur betrifft: Der ist ein Clown", sagt C.J. Parker.
Viele hier im konservativen Huntington Beach nehmen den demokratischen Gouverneur nicht ernst. Eigentlich ist das Sonnenbaden verboten. Den Strand darf man nur für Sport oder Spaziergänge betreten. Auch die Abstandsgebote werden ignoriert. Doch die Polizei drückt gleich mehrere Augen zu.
Einige brechen bewusst die Regeln
Tausende demonstrieren hier regelmäßig gegen die Ausgangsbeschränkungen. C.J. hat keine Angst davor, sich zwischen all den Menschen ohne Maske anzustecken. "Ich habe keine Angst vor Corona. Ich lecke zwar auch keine Türklinken ab. Aber ich habe Angst davor, in meinem Auto leben zu müssen, weil ich meine Miete nicht mehr zahlen kann", so C.J. Parker.
Diese Ängste teilen viele Amerikaner. Auch Susan Worthy: "Manche Leute denken, dass wir selbstsüchtig sind, weil wir hier demonstrieren. Aber wir versuchen nur, unsere Familien zu ernähren."
In der Nähe der belebten Strandpromenade betreibt Susan ein Antiquitätengeschäft. Der Anweisung zu schließen, hat sie sich wochenlang widersetzt. Und auch nachdem die Regeln gelockert wurden, bricht sie diese ganz bewusst. Denn eigentlich dürfte sie nicht im Geschäft, sondern nur an der Ladentür verkaufen. Doch Angst vor Straffverfolgung muss sie nicht haben.
"Ich habe bei der Polizei angerufen und gefragt: Was zur Hölle bedeutet diese Verfügung des Gouverneurs? Und der Beamte sagte: Wir beachten das, aber wir werden keine Strafen durchsetzen", erzählt Susan Worthy.
Im Surfer-Paradies Huntington Beach hört man in diesen Tagen einen Satz immer wieder: "Lieber in Freiheit sterben als in Gefangenschaft leben".
Autor: Jan Philipp Burgard/ARD Studio Washington
Darauf beten, dass Urlauber nach Griechenland kommen
Der Tempel des Poseidon in Souinon. Hier warben Seeleute um die Gunst des Gottes der Meere. "Erfülle, was wir begehren" – so Homers Worte. Die Vassalos, die in der Tourismusbranche arbeiten, schicken ihr Stoßgebet täglich zu Poseidon. Der Reiseveranstalter, der Ausflüge im ganzen Land organisiert, kann nur beten, dass bald Urlauber nach Griechenland kommen wollen.
"Wir organisieren die Besichtigung des Tempels mit einem Abendessen beispielsweise. Denn von hier kann man einen der schönsten Sonnenuntergänge Griechenlands genießen", so Markos Vassalos, Reiseveranstalter.
Der Familienunternehmer hat Angst – sein Unternehmen lief so gut. 2020 sollte noch besser werden. Doch wegen Corona war seine Arbeit in den vergangenen Wochen die Verwaltung von Stornierungen. Langsam, ganz langsam wächst bei ihm die aber Hoffnung, dass zumindest nicht die ganze Saison verloren ist.
"Wir bereiten uns so weit wie möglich vor, indem wir zum Beispiel in den Autos Desinfektionsmittel, Schutzmasken und Handschuhe haben. Wir erfüllen alle vom Staat uns auferlegten Vorgaben", sagt Markos Vassalos, Minister für Tourismus.
Testweise besuchen Einheimische das Strandbad
Griechenland zählt bisher verhältnismäßig wenig Infizierte. Die Grenzen wurden schnell geschlossen, sofort das öffentliche Leben lahmgelegt. Jetzt erlauben sie Testweise an diesem Wochenende den Einheimischen den Besuch im Strandbad. "Wir arbeiten Tag und Nacht auf diplomatischer, medizinischer, finanzpolitischer, medialer und touristischer Ebene, um die Nachricht in der Welt zu verbreiten: Unser Land ist ein sicheres Land, viel sicherer als die meisten in der EU", erzählt Harry Theoharis, Minister für Tourismus.
Deshalb hofft Familie Vassalos, wenn sie kreativ und flexibel arbeiten, können sie es mit Angeboten – last minute beispielsweise – übers Jahr schaffen. Sie befürchten nur, dass vielen das nicht gelingt.
"In kleineren touristischen Gebieten, wie Delfi oder im antiken Olympia ist der Tourismus einziger Wirtschaftsfaktor. Das ist für die Leute jetzt eine Katastrophe", so Markos Vassalos, Minister für Tourismus.
Griechenland ist ein beliebtes Urlaubsziel, wissen die Vassalos. Sie hoffen, dass viele Menschen doch noch vorbeikommen, weil die Politik das möglich macht. Sie jedenfalls sind vorbereitet.
Autorin: Ellen Trapp/ARD Studio Rom
Türkei will bald wieder Gäste aus dem Ausland empfangen
Noch ist der Strandbesuch in der Türkei wegen Corona komplett verboten. Bei einzelnen Sonnenanbetern schaut die Polizei offenbar weg. Ab dem 15. Juni will Ankara Gäste aus Deutschland in türkischen Hotels empfangen. Das einladende Lächeln des Personals bleibt in diesem Jahr hinter Maske und Visier versteckt. In Sachen Hygiene und Abstandsregeln wollen sie Vorreiter sein.
Der Tourismusminister hat den Hotels einen von TÜV Süd zertifizierten Maßnahmenkatalog vorgegeben. Beispielsweise muss einmal täglich umfangreich desinfiziert werden. Und im Pine Bay Hotel will man die belegbare Zimmerzahl von 650 auf 500 reduzieren.
"Seitdem es die Pandemie gibt, haben sich in der Branche die Standards geändert. Früher ging es darum, wie viele Zimmer und Betten unsere Hotels hatten. Die zentrale Frage ist jetzt, wie viel Nutzungsfläche den Gästen zur Verfügung steht", so Hakan Alpay, Hotelmanager.
Deshalb werden jetzt zusätzliche Terrassen geschaffen. So sollen sich die Gäste verteilen. Abstandsregeln könnten eingehalten werden. Der Hotel-Schneider näht bereits Masken für Personal und Urlauber.
Die Stadtverwaltung von Kusadasi hat im März eine Maschine gekauft, um Masken für Einwohner und finanziell weniger flexiblen Hotels herzustellen. 15 Tausend Einwegmasken am Tag würden zur Zeit produziert.
Umfangreiche Kontrollen schon am Flughafen
Eine weitere Auflage des Tourismusministeriums seien Plexiglasscheiben vor den Buffets, erklärt dieser Hotelier. Zwischen diesen Tischen stünde dann Servicepersonal. Urlauber müssten nur noch zeigen, was sie wollten. Der Teller wird zum Tisch gebracht. Touristen soll am Flughafen Fieber gemessen werden und unter Umständen wird ein Test durchgeführt. Wer am Virus erkrankt ist, so der Reisefachmann Tansu Icten.
"Der wird dann sofort in ein türkisches Krankenhaus oder in eine Pandemieanlage gebracht. Und wird dort 14 Tage oder seine Behandlungen werden dort übernommen", sagt Tansu Icten, Ben-Tours.
Vor allem Deutsche mit dem kleinen Geldbeutel schätzen den günstigen Urlaub in der Türkei. Doch zuerst muss die Bundesregierung Reiseeinschränkungen aufheben.
Autor: Oliver Mayer-Rüth/ARD Studio Istanbul
Stand: 18.05.2020 11:33 Uhr
Kommentare