Mo., 05.11.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Das Schicksal der getrennten Familien
Rose Escobar war so glücklich: Mit 14 hat sie die Liebe ihres Lebens gefunden. Zwei Kinder, ein Haus, Arbeit – alles schien perfekt zu sein, für die vier in Texas. Aber ihr Mann José stammt aus El Salvador und wurde ihnen eines Tages einfach entrissen. "'Rose, sagte er, du musst jetzt stark sein. Sie haben mich letzte Nacht abgeschoben.' Ich hab nicht damit gerechnet." José war als Jugendlicher illegal ins Land gekommen. Danach hat er sich nie etwas zuschulden kommen lassen.
Stolz zeigt Walter seiner Mutter direkt nach der Schule seine Noten. Rose hat es gerade so geschafft, ihren Sohn vom Schulbus abzuholen. Um die kleine Carmen haben sich die Nachbarn gekümmert. Ohne ihre Hilfe kann die ungewollt Alleinerziehende ihren Alltag nicht stemmen. Rose arbeitet in einem Kinderkrankenhaus. Ihr Mann war Handwerker. Das eigene Haus sollte den Kindern ein sicheres Heim bieten. Doch dann musste Carmen miterleben, wie sie ihren Vater verhafteten, und verstummte erst einmal. Jetzt singt Carmen wieder. Ein kleines Wunder.
Rose will Abschiebung nicht hinnehmen
"Du bist so klug wie dein Vater." Rose lobt ihren Jungen. Sie will, dass sich die Kinder an ihren Vater erinnern und nicht an den Mann, der abgeschoben wurde. "Er hatte geweint. Es waren Tränen auf dem Boden. Fünf Männer umringten ihn. Wie einen großen Verbrecher. Ich kam rein und fragte, was ist los? José sagte, es tut mir leid. Warum? Er zeigte mir seine Hände. Sie waren bereits in Ketten", erinnert sich Rose. Das war im März vor anderthalb Jahren. Seitdem lebt José in El Salvador. Ein Land, das er mit 15 verlassen hat, mit dem ihn nichts mehr verbindet. Rose versucht, ihn so viel wie möglich am Alltag der Familie teilhaben zu lassen – übers Internet. 2011 war er schon mal in Abschiebehaft, kam aber wieder frei. Mit den Anwälten, die Josés Einbürgerung organisieren sollten, hatten sie viel Pech. "Unter Obama war es anders. Er hatte eine bestimmte Art, etwas zu sagen. Die Bedeutung war gleich, aber es war nicht so verletzend. Dieser Präsident jetzt drückt sich so aus, als ob wir keine menschlichen Wesen wären. Wir sind in dieser Welt nichts wert", sagt Rose.
Rose ist inzwischen politisch aktiv. Sie will die Abschiebung ihres Mannes nicht hinnehmen. Sie protestiert gegen Präsident Trump und seine Anhänger. Und: Sie bekennt sich klar zu dem demokratischen Kandidaten für den Senat, Beto O’Rourke. Dessen Konkurrent Ted Cruz hatte sie nicht einmal angehört.
"Den amerikanischen Traum gibt es nicht mehr"
Seit die in den USA geborene Rose ihr Schicksal öffentlich machte, bekommt sie regelmäßig Hassbriefe: “Einmal hieß es, liebe Miss Escobar, wie dumm sind sie, einen illegalen Einwanderer zu heiraten und ihm zu erlauben, sie zu schwängern. Töten sie die Kinder und sich selbst. Sie sind keine Amerikanerin. Sie haben nichts Amerikanisches in sich. Den Rest konnte ich nicht mehr lesen." Diesen Hass versucht Rose, von ihren Kindern fern zu halten. Sie will ihnen Normalität bieten. Für den Geburtstag der beiden kauft sie eine Pinata in der einfachsten Ausführung. Sie muss sparen, denn sie will das Haus retten. Ihren Familientraum. "Wofür kommen Menschen in die USA, das Land der Chancen? Der amerikanische Traum. Den gibt es nicht mehr. Die Freiheitsstatue schüttelt wahrscheinlich ihren Kopf über das, was mit Amerika passiert. Es ist nicht mehr das Gleiche", sagt Rose.
Die Familie betet jeden Abend für die Rückkehr des Vaters. "Meine Mum, meine Schwester und ich, wir vermissen ihn" – der achtjährige Walter bittet Gott um Hilfe. Auch José betet. Allein in El Salvador.
Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD Studio Washington
Stand: 25.10.2019 15:53 Uhr
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