Mo., 05.11.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Iran: Neue Stufe der Sanktionen
Die Straße von Hormus ist eine Meerenge, die den Iran von der arabischen Halbinsel trennt. An manchen Stellen ist sie keine 40 Kilometer breit – ein Nadelöhr mit einer enormen Bedeutung für den Ölexport. Denn über diesen Schifffahrtsweg wird knapp 30 Prozent des weltweit vermarkteten Rohöls transportiert, auch Richtung USA. Und deshalb ist die Straße von Hormus ein wichtiger Schauplatz im Streit zwischen USA und Iran. Geht es nach US-Präsident Trump, soll der Iran ab kommendem Sonntag kein Öl mehr verkaufen. Dann greift die zweite US-Sanktionsrunde. Der Iran droht nun damit, die Meerenge von Hormus zu schließen. Sollte es dazu kommen, käme dies einer Kriegserklärung nahe.
"Wir haben keine Angst"
Balal Mohammadi hat ein wenig Verspätung. Er muss sich beeilen für einen guten Fang. Die anderen Fischer sind schon längst auf See. Wenn er nichts mehr fängt, kann er nichts verkaufen und zu essen gibt es dann auch nichts. Fisch und Garnelen sind das einzige Einkommen, alle in seiner Familie leben davon: "Wir fahren jeden Morgen raus, egal welches Wetter. Manchmal fangen wir 10 Kilo oder 100 Kilo oder überhaupt nichts. Was immer uns Gott eben gibt. Es ist nicht leicht im Moment. Vor den Sanktionen war alles besser, günstiger", sagt Balal Mohammadi.
Und jetzt könnte es noch viel schlimmer kommen: Die iranische Revolutionsgarde droht, die Meerenge vor ihrer Haustür zu schließen – sollte sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran zuspitzen. Es wäre verheerend für die vielen Fischer hier – aber Sorgen lässt sich Balal nicht anmerken: Wir haben keine Angst. Wir müssen unser Land schützen. Wir alle müssen im Notfall die Meerenge mit unserem Boot, oder was immer wir auch zur Verfügung haben verteidigen. Wenn sie uns verpflichten, dann sind wir bereit. Wir sind Mitglied in der Freiwilligenmiliz. Entweder wir sterben oder wir bleiben am Leben.
Das Wasser an der Küste von Hormuz ist ruhig heute. Gut ein Viertel der weltweiten Ölexporte werden durch diese schmale Meerenge transportiert. Hinzu kommen Güter, die für Kuwait, Irak, die Golfstaaten bestimmt sind. Sollten die Schiffe hier nicht mehr durchfahren können, wäre das eine Kampfansage an alle. Die Insel ist karg und wenig fruchtbar. Die Frauen verdienen sich ein paar Cent dazu, indem sie die aussortierten Fische trocknen.
US-Sanktionen bremsen den Aufschwung
Durch das Atomabkommen gab es eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit. Denn es kamen plötzlich viele Touristen in den Iran. Mandana Mobashiri ist Theaterschauspielerin aus Shiraz und hat ihr ganzes Erspartes auf der Insel investiert erzählt sie: "Als ich vor fünf Jahren hier ein Hostel eröffnete, kamen sehr viele internationale Touristen, besonders aus Deutschland. Einige blieben sogar monatelang. Es waren wirklich viele. Aber seit diesem Jahr scheint mir, sind sehr viel weniger gekommen."
Die US-Sanktionen bremsen jetzt den Aufschwung. Mandana liebt diese Insel, die soviel Frieden ausstrahlt: "Die Menschen hier haben mich viel gelehrt. Dass man mit wenig gut auskommt und dass das Leben gar nicht so schwer ist. Die Einheimischen hier haben ein ganz großes Herz. Ich glaube der Grund dafür ist, dass die Frauen sehr geduldig sind. Sie wissen, dass ihr Mann wenn er auf See geht, eventuell nie wiederkommt.
"Es sind genügend Länder auf der Seite des Iran"
Balal Mohammadi ist zurückgekommen. Die Familie wartet schon auf ihn. Er lebt mit seiner Mutter und den drei Familien seiner Kinder in einem Haus. Seine älteste Tochter heißt Fariba. Sie hat keine Angst vor der Zukunft der Islamischen Republik: "Es sind immer noch genügend Länder auf der Seite des Iran – wie China, Russland, Japan. Deutschland doch auch oder? Iran regelt seine Probleme selbst. Dass Trump uns sanktioniert hat, ist nur zum Vorteil von Iran." Das ist auch das, was ihnen das Staatsfernsehen seit Monaten erzählt. Sie brauchen keine Angst zu haben. Der Iran sei stark genug auch diese Sanktionen zu überstehen. Wieder und wieder beteuert das Präsident Rohani.
Auch Balal ist überzeugt davon. Auch wenn der Preis dafür hoch sein könnte.
Autorin: Natalie Amiri, ARD-Studio Teheran
Stand: 29.08.2019 04:20 Uhr
Kommentare