Mo., 03.09.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Schnappschuss Kenia: Warum diese Perücken?
Klein oder groß, blond oder weiß, hier trägt jeder Locken! Alle diese jungen Leute hier bekommen heute ihre Zulassung als Anwalt vor Gericht. Aber warum tragen sie heute noch diese Perücken?
"Als Anwalt ist es Teil der Tradition. Das ist schon in Ordnung." "Ich bin stolz drauf." "Mir haben heute einige gesagt, wie lächerlich wir aussehen, und wir wären besser ohne dran." Doch heute trägt auch James Anyanzwa seine Perücke mit Stolz.
Vier Stunden vorher: Der 26-Jährige macht sich fertig für seinen großen Tag: sein Studium hat er erfolgreich beendet: "Ich wollte schon immer Anwalt werden. Heute ist es soweit, es bedeutet mir sehr viel."
Und dafür sind Robe und Perücke Pflicht. James hat sich die Sachen ausgeliehen. Rund 34 Euro hat er umgerechnet bezahlt. Die Standesgarderobe zu kaufen, hätte zehnmal mehr gekostet: "Ich sehe gut aus. Aber ich bin kein großer Fan der Perücke. Es erinnert mich an die Kolonialzeit."
Die ist in Kenia aber seit 65 Jahren beendet. Oder etwa nicht? Die Perücke jedenfalls hat überlebt. Verantwortlich dafür ist die Gesellschaft der kenianischen Anwälte. Sie geben vor: Wer Anwalt werden will muss Locken tragen. Fred Ojiambo von der Law Society of Kenya: "Es gibt so viele Dinge, die koloniales Erbe sind, die aber an sich nicht falsch sind. Und das gilt auch für die Roben und die Perücken."
Und schließlich komme das Rechtssystem auch aus dieser Zeit. Vorgeschrieben ist der koloniale Kopfschmuck aber nur an diesem Tag. Danach entscheidet jeder selbst. Zu kolonial oder nicht, das wird in Kenia immer wieder diskutiert – bislang ohne Folgen. Für die 273 neuen Anwälte wird die Perücke aber schnell zur Nebensache. Endlich am Ziel! Alle sind einfach nur stolz, so auch Lilly Shiroya, James Mutter: "Ich bin so glücklich. Danke, mein Sohn!"
Und manch einer oder eine, sorgt dann doch rasch für die eigene, kenianische Tradition.
Autorin: Caroline Hoffmann, ARD Nairobi
Stand: 27.08.2019 22:41 Uhr
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