So., 02.12.12 | 16:30 Uhr
Das Erste
Süßwasseraquarien
Süßwasseraquarien
Wer ein Süßwasser-Aquarium mit Zierfischen besetzen möchte, sollte zunächst in Erfahrung bringen, wie das Leitungswasser beschaffen ist, meint Aquaristik-Experte Harro Hieronimus. Im Alter von etwa elf Jahren bekam er das erste Aquarium - ein typisches Alter für Anfänger. Von den meisten Wasserwerken findet man die Werte im Internet, aber es genügt auch ein kurzer Anruf, um die nötigen Informationen zu erhalten. Je nach der Härte des Wassers kann man dann die Fischauswahl treffen. Hartes und mittelhartes Wasser kommt für viele Lebendgebärende infrage, beispielsweise für Rote Platys aus Mexiko. Und mit mittelhartem Wasser kommen fast alle Zierfische zurecht, so Harro Hieronimus, erst recht, wenn sie aus Nachzuchten stammen. Ausgesprochen weiches, leicht saures Wasser wäre für Südamerikaner oder Südostasiaten angebracht, die besondere Ansprüche an die Wasserqualität stellen. „Wichtig ist, dass die Fische überhaupt zusammen passen, dass man nicht Fische mit sehr unterschiedlichen Ansprüchen zusammensetzt“, sagt Harro Hieronimus.
Roter Neon meist als Wildfang
Lässt sich ein Süßwasseraquarium nur mit attraktiven tropischen Zierfischen aus Nachzuchten besetzen? Wer den beliebten Roten Neon (Paracheirodon axelrodi), einem kleinen Salmler vom Amazonas und seinen Nebenflüssen in Betracht zieht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Exemplare stoßen, die vor Ort aus den Heimatgewässern heraus gefangen wurden. Die Nachzucht ist zwar nicht besonders schwer, aber die Jungfische wachsen nur sehr langsam und verlangen vergleichsweise viel Pflege. Importe aus der Heimat Brasilien sind deswegen in der Regel kostengünstiger.
Alternative: Neonsalmler
Obwohl die Gewinnspanne kleiner ist, besorgen sich Marion Rebig und Dirk Kiene für ihr Aquaristikhaus in der Eifel regelmäßig Nachzuchten des Roten Neons aus Tschechien. Den Vorteil haben die Kunden, denn solche Nachzuchten sind robuster und besser an unsere Wasserqualitäten angepasst. Noch widerstandsfähiger sind Exemplare des Neonsalmlers (Paracheirodon innesi), ein idealer Fisch für Einsteiger. Mit dem Roten Neon ist er verwandt und sieht ihm auch sehr ähnlich. Der rote Längsstreifen erstreckt sich nur auf der hinteren Hälfte des Körpers. Beim Neonsalmler ist die Aufzucht von Jungtieren viel problemloser, so dass hierzulande fast ausschließlich Nachzuchten im Handel sind. Anders ist es bei den interessanten Beilbauchfischen, die man auch zu den Einsteigerfischen zählt. Doch gezielte Nachzuchten scheinen bisher nicht gelungen zu sein, alle angebotenen Fische dürften aus Wildfängen stammen. Übrigens kommen die meisten tropischen Zierfische inzwischen aus Südostasien, wo im großen Stil Zierfische vermehrt werden, auch die Südamerikaner.
Das besondere an dem Aquaristikhaus von Marion Rebig und Dirk Kiene sind die eigenen Nachzuchten. Im Moment sind es etwa 20 Arten, die regelmäßig vermehrt werden. In Zukunft sollen es noch mehr werden, obwohl Dirk Kiene Zweifel hat, ob das rentabel ist. Sie machen es eher aus Begeisterung und weil sie tagtäglich mit den Fischen leben. Das Züchten macht ihnen einfach Spaß. Größtes Problem sind die hohen Energiekosten und die stetige Versorgung der Jungfische mit Lebendnahrung. Die allerkleinsten müssen mehrmals täglich Pantoffeltierchen bekommen, sie müssen „im Futter stehen“, um rasch wachsen zu können.
Das Beispiel-Aquarium
Das von uns eingerichtete Aquarium fasst 120 Liter und ist mit einem eingebauten, drei Liter volumigen Innenfilter samt Kreiselpumpe ausgestattet. Innenfilter nehmen zwar Schwimmraum weg, erfordern aber weniger Wartung. Und es kann, anders als bei Außenfiltern, nichts auslaufen. Die mitgelieferten Spezialfiltermedien (Nitratfilter, Aktivkohle) wurden entfernt und durch groben Schaumstoff ersetzt. Zusätzlich wurde ein sogenannter Hamburger Mattenfilter (HMF) in einer Eck-Variante installiert. Die Umwälzung besorgt auch hier eine kleine Kreiselpumpe, die mit einer LED-UV-Lampe ausgestattet ist. UV-Licht hilft, die unnatürlich hohe Keimdichte im Aquariumwasser zu reduzieren. Für die Belichtung sorgen 2x24 Watt T5-Taglichtröhren. Als Bodengrund wurde 2-4 Millimeter feiner Kies gewählt. Die Moorkienwurzel wurde auf zwei Steine gesetzt, damit der Bodengrund darunter frei zugänglich ist. Die Wassertemperatur beträgt 24 Grad.
Die Bepflanzung
Zur Bepflanzung wurden vor allem schnell wachsende Arten gewählt. Als besonders raschwüchsig erwiesen sich bisher Riesen-Vallisnerien (Vallisneria americana; ca. zehn Stück, sie verdecken gut den HMF), Tigerlotus (Nymphea lotus var. viridis), Teichlebermoos (Riccia fluitans) und Blehers Amazonas-Schwertpflanze (Echinodorus grisebachii `Bleherae´). Letztere war keine so gute Wahl, weil sie auf Dauer zu groß wird. Besser wäre wohl Echinodorus grisebachii `Parviflorus´ gewesen, die nicht höher als 30 Zentimeter werden soll. Im Vordergrund wurden einige Helanthium tenellum (Syn. Echinodorus tenellus) gepflanzt. Hin und wieder werden die langen Blätter der Vallisnerie eingekürzt und einige vom Tigerlotus ganz entfernt, damit die Pflanzen auf dem Grund genügend Licht bekommen.
Schnellwachsende Wasserpflanzen haben den Vorteil, Nährstoffe aus der Fischfütterung rasch binden zu können. So haben Algen kaum eine Chance sich breit zu machen. Um optimale Bedingungen zu schaffen, wurde eine CO2-Düngeanlage mit einer Nachtabschaltung installiert. Der CO2-Schlauch wurde an den Diffusor der zweiten Kreiselpumpe angeschlossen. Gedüngt wird in der Regel täglich mit 1-2 Tropfen eines verdünnten Orchideendüngers. Zwischenzeitlich traten an den obersten Blättern und an Einrichtungsgegenständen Bartalgen auf. Nachdem beim Teilwasserwechsel der spezielle Spurenelementedünger für Aquarien exakt nach Anleitung dosiert wurde und nicht mehr einfach nach Gefühl, sind sie innerhalb weniger Tage verschwunden.
Das Leitungswasser besitzt einen Gesamthärtegrad von 14 (mittelhart), der Leitfähigkeitsmesser zeigt einen Wert von 620 µS/cm an. Beim wöchentlichen Teilwasserwechsel (etwa 30 Prozent) wird Wasser aus einer Umkehrosmoseanlage verwendet, so dass sich die Leitfähigkeit des Aquariumwassers zwischen 350 und 420 µS/cm bewegt; Karbonathärte vier Grad Celsius. Ein Leitfähigkeitsmesser (ca. 45 Euro) ist zu empfehlen, wenn das Leitungswasser aufbereitet und verändert wird. Aus Sicht der eingesetzten Fische wäre Osmosewasser nicht notwendig, allerdings hört man von einigen Aquarianern, dass die Wasserpflanzen dann besser wachsen.
Die Fischarten
Vier Wochen nach dem Bepflanzen - die wichtige Einlaufphase - wurden Tiger-Endlerguppys (Poecilia wingei) eingesetzt (vier Männchen und vier Weibchen), zwölf Neonsalmler (darunter fünf Diamantsalmler, eine Zuchtform des Neonsalmlers) und fünf Sterba-Panzerwelse (Corydoras sterbai). Panzerwelse und Guppys wurden von privaten Züchtern erworben, die in der Region mittels einer Online-Zierfischbörse ermittelt wurden. Vorteil: den Fischen wird der Umweg über Groß- und Einzelhandel erspart. Außerdem besitzen private Züchter sehr viel Sachverstand und können Anfängern wertvolle Tipps geben. Das ist auch auf Zierfischbörsen gegeben, die regelmäßig von Aquaristikvereinen organisiert werden. Auf guten Börsen sind Profi-Züchter nicht zugelassen. Wenn allerdings alle Jungtiere einer Art exakt dieselbe Größe haben, stammen sie wahrscheinlich doch aus Großzüchtereien.
Generell sollte jedem Zentimeter ausgewachsener Fisch ein Liter Wasser zugestanden werden, meint Harro Hieronimus. Von daher war noch Platz für acht `Rote von Rio´ (Hyphessobrycon flammeus) und einem Pärchen Borellis Zwergbuntbarsche (Apistogramma borellii), einem äußerst friedlichen Vertreter aus der Gruppe der Buntbarsche. Er kann auch als Harem (1 m, 2 w) gehalten werden; jedem Weibchen sollte mindestens eine kleine Höhle zur Eiablage angeboten werden. Der `Rote von Rio´ stammt aus der Region rund um die brasilianische sechs Millionen Metropole Rio de Janeiro und ist hochgradig vom Aussterben bedroht. Er steht auf der Roten Liste Brasiliens, weil die Lebensräume aufgrund der rasch wachsenden Bevölkerung zerstört werden. Glück für ihn und für seine Fans, dass er vergleichsweise leicht vermehrt werden kann.
Das Futter Grundlage für die Fütterung sind Trockenflocken und Futtertabletten (vor allem für Panzerwelse). Harro Hieronimus rät, einmal täglich (Jungtiere zweimal täglich) nur soviel zu füttern, wie in zwei bis maximal fünf Minuten aufgefressen wird. Der größte Fehler in der Aquaristik werde wahrscheinlich bei der Fütterung gemacht, indem zuviel gefüttert wird. Kostengünstig sind große Futterdosen. Damit die Fettsäuren nicht ranzig werden, füllt man sich eine kleine Portion ab und friert den Rest ein. Zwei bis dreimal die Woche sollte es auch Lebend- oder Frostfutter geben, wie zum Beispiel Mückenlarven und Wasserflöhe. Das ist vor allem für die Ernährung der Buntbarsche wichtig ist.
Buchtipps:
- Harro Hieronimus
- Einsteiger Fisch-Fibel: Pflegeleichte und schöne Aquarienfische
- Dähne, 2009
- ISBN: 9783935175524
- Preis: 14,80 Euro
- Harro Hieronimus
- Aquarientechnik-Fibel: Wie funktioniert's, was ist notwendig?
- Dähne, 2009
- ISBN: 9783935175494
- Preis: 14,80 Euro
- Hans Gonella, Harro Hieronimus
- Ihr Hobby: Perfektes Aquarienwasser
- Bede, 2003
- ISBN: 9783898600446
- Preis: 10,90 Euro
- Jutta Etscheidt
- Das Süßwasser-Aquarium
- Falken, 1999
- ISBN: 9783806847529
- Vergriffen, aber antiquarisch erhältlich.
- Hans A. Baensch, Rüdiger Riehl
- Aquarienatlas 1
- Mergus, 2006
- ISBN: 9783882442274
- Preis: 19,80 Euro
Autor: Friedemann Borchert
Stand: 30.01.2013 16:48 Uhr