Mi., 28.07.10 | 21:45 Uhr
Das Erste
Helge Schneider
Folge 17
Helge Schneider ist eine Klasse für sich. Der Begriff "Komiker" oder "Comedian" greift in seinem Fall nicht. Aufgewachsen in Mülheim, zwischen den Schloten und Kneipen des Ruhrgebiets, hat Helge einen ganz speziellen Humor entwickelt, der in jeder Hinsicht seiner Lebenshaltung entspricht: Anarchie im Alltag.
Er ist ein Unterhaltungskünstler, der im Unsinn Sinn findet, ein Wortakrobat und virtuoser Musiker – und ein Meister des geordneten Chaos. Geschmacklose Anzüge, scheußliche Brillen und Perücken zu tragen, das mag für andere Verkleidung sein, für Helge Schneider ist es ein Bedürfnis.
Der Wahnsinn der Welt
Schon als Kind wollte er Clown sein. In seinen Büchern ist sein Alter Ego ein Heiratsschwindler, in seinen Filmen ist er Schlagersänger, Western-Anti-Held oder ein vertrottelter Detektiv. Auf der Bühne lässt er sich Tee kredenzen, und gleichzeitig besingt er Käsebrote und Katzenklos. Die große Geste und der Brotaufstrich, Quatsch und Ernst gehen in seinen Programmen und seinem Leben erstaunliche Allianzen ein. Das Komische daran ereignet sich am Rande.
Peinlichkeiten und Ungereimtheiten sind Helges Rohstoff, mit dem er auf Umwegen alles kommentieren kann, was ihm gerade in den Sinn kommt: Politik, gesellschaftliche Haltungen, die Medien, Wunsch- und Fantasiewelten. Er stellt die Sprache auf den Kopf wie ein Kind, das hinter den wohlgesetzten Bedeutungen immer noch mehr sieht. Mit einer Unzahl von Instrumenten, die er alle beherrscht, verleiht er dem Wahnsinn der Welt Klang.
Chaos statt Routine
Der Film begleitet Helge Schneider zu Hause und auf seiner aktuellen Tour "Komm hier haste ne Mark" quer durch die Republik. Routine ist ihm ein Graus. Mit Hunden, Kindern und einem engen Kreis von Mitarbeitern, die gleichzeitig Freunde sind, ist er im Wohnmobil auf Tour. Familienleben und Auftritt, Privates und Bühne trennt er kaum; zwischendurch werden die Hunde gefüttert und die Kinder gewickelt.
Die Marke Helge
In der Garderobe telefoniert er mit Alexander Kluge über ein neues Stummfilmprojekt. Dann empfängt er auf der Bühne eine Journalistin, das Telefon klingelt, er verhandelt mit seinem Verleger, trifft seinen ehemaligen Filmproduzenten, setzt sich wieder ans Klavier, sucht nach einer Perücke und versucht, auf seine Schuhe Steppeisen zu nageln. Scheinbar ganz nebenbei regiert Helge Schneider ein Wirtschaftsunternehmen, die Marke Helge, samt Konzerttour, CDs, Merchandising-Artikeln, Büchern, Filmen.
Zu Wort kommen Schneiders Bandmitglieder Pete York (Percussion), Rudi Contra (Bass), Sandro Giampedro (Gitarre) und Bodo Oesterling (Teekoch) sowie sein Filmproduzent Hanno Huth, der Verleger Helge Malchow – und Alexander Kluge.
Ein Film von Sabine Carbon