So., 24.11.24 | 21:45 Uhr
Das Erste
Vor den Neuwahlen – wie grün wird die Zukunft, Herr Habeck?
Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition zieht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als grüner Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf. Der noch vor wenigen Jahren möglich scheinende Einzug der Grünen ins Kanzleramt ist allerdings in weite Ferne gerückt. Die Herausforderung für Habecks Partei: Neben dem Klimawandel bestimmen inzwischen Kriegsangst und Wirtschaftskrise die Sorgen in unserer Gesellschaft. Deutschland selbst sucht zudem nach seiner künftigen Rolle in einer sich rasant verändernden Welt. Haben die Grünen und ihr Kandidat überzeugende Antworten auf die wichtigen Fragen der Zukunft?
Robert Habeck
Der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister wurde von seiner Partei Bündnis 90/Die Grünen am vergangenen Sonntag zum Kanzlerkandidaten für die kommende Bundestagswahl aufgestellt – oder, wie Habeck sagt: “Kandidat für die Menschen in Deutschland”. Im Wahlkampf will er mit Pragmatismus punkten und sich als lernender Politiker präsentieren. „Ich weiß, dass auch ich Vertrauen verloren habe“, sagt Habeck mit Bezug auf das sogenannte “Heizungsgesetz”. Aus den Fehlern von damals habe er gelernt. Um die stagnierende Wirtschaft anzukurbeln, setzt Habeck auf niedrige Energiepreise und staatliche Investitionsprämien. Um die zu ermöglichen, plädiert der Grünen-Politiker für eine Reform der Schuldenbremse.
Ursula Weidenfeld
Die Wirtschaftsjournalistin, die als Kolumnistin unter anderem für den SPIEGEL und den Tagesspiegel schreibt, kritisiert Habecks Subventionspolitik zum Umbau der Wirtschaft und setzt stattdessen auf die Kraft des freien Marktes. Auch der forcierte gleichzeitige Ausstieg aus Kohle und Kernenergie sei ein strategischer Fehler gewesen. Weidenfeld attestiert Robert Habeck und seiner Partei ein grundsätzliches Problem: „Die Grünen haben mit der Mitte der Gesellschaft nichts mehr zu tun”. Um Menschen zurückzugewinnen, müssten diese das Gefühl bekommen, in einem erfolgreichen Land zu leben.
Albrecht von Lucke
Der Politikwissenschaftler und Publizist schätzt Robert Habeck als geeigneten Kanzlerkandidaten ein, der jedoch eine Wahlperiode zu spät für die Grünen ins Rennen gehe. Die Debatte um das vom Bundeswirtschaftsminister verantwortete sogenannte “Heizungsgesetz” habe der ökologischen Sache einen enormen Image-Schaden verpasst: Habeck habe unterschätzt, wie wichtig es sei, die soziale Abfederung von Beginn an mitzudenken. Habeck hätte 2021 die Bundestagswahl gewinnen können, jetzt sei die Chance für ihn jedoch vertan.