So., 29.09.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
Gian Marco Griffi: "Die Eisenbahnen Mexikos"
In einem historischen Fantasiegemälde entwickelt der italienische Autor eine Geschichte, die so wohl nicht stattfand, aber so oder so ähnlich hätte stattfinden können. Seinen Anti-Helden, der an chronischem Zahnweh leidet, schickt er im Auftrag der deutschen Faschisten aus, um im letzten Wahnsinn des Weltkrieges einen vollständigen Plan des mexikanischen Eisenbahnnetzes zu erstellen. Eine unterhaltsame Parabel auf einen Menschen, der auf der falschen Seite der Geschichte steht.
Wie den Mut finden, etwas zu tun, was die Welt, die uns umgibt, etwas besser macht? Diese Grundfrage durchzieht den Roman von Gian Marco Griffi, denn sein Protagonist Cesco Magetti hat diesen Mut definitiv nicht. Italien 1944, der Unteroffizier ist ein Mitläufer, der Befehle aus den höchsten Kreisen in Berlin empfängt. Die Idee, dass in Mexiko die Wunderwaffe versteckt liegt, die dem Reich den Endsieg bescheren könnte, wird ihm zum Verhängnis. Denn er wird erwählt, das Streckennetz der mexikanischen Eisbahn zu kartieren. Ein irrsinniges Unterfangen, das er allerdings nicht zu hinterfragen wagt. Gian Marco Griffi beschreibt es so: "Ich wollte vor allem die Geschichte eines Mannes erzählen, der in eine Lage gerät, die er nicht versteht. Ich wollte also einen Roman schreiben, der von einer kafkaesken Anordnung ausgeht, ohne aber das kafkaeske System des Absurden zu benutzen." Entstanden ist eine literarische Verneigung vor seinen Vorbildern Jorge Luis Borges, Siri Hustvedt oder Roberto Bolaño.
Gian Marco Griffi ist Jahrgang 1976 und wuchs im Piemont auf, wo er in seinem Heimatdorf Montemagno viel Zeit in der (einzigen) Bar sowie im lokalen Tabakladen (dem seiner Großeltern) verbrachte. Für sein Philosophiestudium zog er nach Turin. Heute lebt und arbeitet er in Asti, wo auch sein erster auf Deutsch publizierter Roman spielt.
Im Gespräch mit Denis Scheck erzählt Gian Marco Griffi den Grundgedanken dieses Buches. Darüber, dass er von seiner Stadt und von einer tragischen Phase für Italien und ganz Europa erzählen wollte aus der Perspektive einer Figur, die auf der falschen Seite der Geschichte steht.
Stand: 29.09.2024 17:16 Uhr
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