So., 01.11.20 | 23:35 Uhr
Das Erste
Hallgrímur Helgason: "60 Kilo Sonnenschein" (Tropen Verlag)
Ein ungewöhnlicher Titel für einen isländischen Roman – dort im Hohen Norden vermutet man eher graue Tage und endlose Nächte. Und in der Tat ist es dunkel und kalt, als der Bauer Eilífur Gudmundson an einem Heiligabend seinen zweijährigen Sohn als einzigen Überlebenden aus dem zugeschneiten Gehöft retten kann. Mit der Geschichte des Jungen, der Gestur heißt, also "Gast", erzählt Hallgrímur Helgason, einer der orginellsten isländischen Autoren, auch die Geschichte seines Landes. Ein Dorf an der Nordküste wird zum Schauplatz schrecklicher und wundervoller Ereignisse, Fischfänger und Frachtschiffe bringen Wohlstand, Träume und Illusionen in das trostlose Kaff, das sich im Lauf der Jahrzehnte in einen modernen Industriestandort verwandelt.
Helgasons Buch ist aber keine einfache Chronik – er entwirft eine Welt voller Schönheit und Absurdität, macht aus der historischen Erzählung fast einen Schelmenroman und erinnert mit seinem ironischen Stil immer wieder daran, dass er, der Schriftsteller, es ist, der die Figuren durch das Helldunkel dieser faszinierenden Insel navigiert.
Hallgrímur Helgason: "60 Kilo Sonnenschein" (Tropen Verlag)
Stand: 01.11.2020 18:00 Uhr
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