So., 27.10.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
DOK-Festival Leipzig: Starke Frauen
Beeindruckende Filme über Frauen aus Afghanistan und Indien
Das DOK Leipzig, das älteste Internationale Dokumentar- und Animationsfilmfestival der Welt, zeigt dieses Jahr unter anderem zwei Filme, in denen junge Frauen und Mädchen im Mittelpunkt stehen.
"Maydegol": Geschichte einer jungen Afghanin im Iran
"Maydegol" erzählt die Geschichte einer jungen Afghanin, die mit ihren Eltern in den Iran migriert ist. Hier leben rund 800.000 registrierte afghanische Migranten. Dazu kommen rund drei Millionen Geflüchtete. Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi war es wichtig, mehr über sie zu erfahren: "Ich möchte ihre Perspektive verstehen und auch, wie sie uns Iraner sehen", erklärt sie im "ttt"-Gespräch.
Alambeigi erzählt in ihrem Film auch von Träumen, von Raziehs Traum. Sie will Profiboxerin werden. Das Thai-Boxen verbindet sie mit der Hoffnung, einen Ausweg aus ihrem trostlosen Leben zu finden – und ihrem gewalttätigen Vater zu entkommen, der sie und ihre Mutter immer wieder schlägt.
"Du bist kein Opfer!"
Alambeigi sieht in Raziehs Geschichte "ein sehr wichtiges Thema, vor allem für die junge Generation. Razieh war sehr offen dafür. Ihre Botschaft an die Welt ist: 'Schweige nicht, rede darüber, du bist kein Opfer.'"
Die Freundschaft und gegenseitige Unterstützung der jungen Frauen spielt eine wichtige Rolle in Sarvnaz Alambeigis Film. Sie war offen für deren Ideen, den Film umzusetzen. "Ich wollte sie in den Prozess involvieren – es ist schließlich ihr Film."
"Marching in the Dark": Geächtete Bauerswitwen in Indien
Während die afghanischen Mädchen im Iran trotz aller Schwierigkeiten auf eine bessere Zukunft hoffen, haben die Menschen in der indischen Provinz Maharashtra sie fast aufgegeben.
In Indien haben sich innerhalb von 20 Jahren mehr als 400.000 Kleinbauern das Leben genommen, aus Verzweiflung über hohe Schulden. In seinem Dok-Film "Marching in the Dark" begibt sich Regisseur Kinshuk Surjan auf die Suche nach den Gründen und ist schockiert: "Ich komme aus einer Bauernfamilie, mein Großvater war Landwirt. Als ich in der Provinz Maharashtra unterwegs war, begegnete ich Frauen, die in so tiefer Trauer waren, dass mir das Filmen wie ein Verbrechen vorkam."
Die verwitweten Frauen sind von der Gesellschaft geächtet. Lediglich eine Nichregierungsorganisation schickt Ärzte aufs Land, die ihnen zuhören.
"Landbevölkerung hat keine Stimme"
Kinshuk Surjan hat die Frauen insgesamt sechs Jahre lang begleitet. Eine von ihnen beginnt während dieser Zeit eine Ausbildung, findet Arbeit außerhalb der Landwirtschaft.
Ein Einzelschicksal – die Situation der Bauern in der Provinz bleibt schwierig. Während der Dreharbeiten gibt es einen weiteren Selbstmord.
Angesichts der dramatischen Situation der indischen Bauern kritisiert Regisseur Surjan: "Ich kann nicht sagen, was die Politiker machen könnten. Das wissen die besser. Aber als Künstler fühle ich, dass es keine richtige Repräsentation der Landbevölkerung gibt. Wir in den Großstädten haben einen fast neokolonialen Blick auf sie. Wir idealisieren sie oder wir haben Mitleid mit ihnen. Wir sind nicht auf Augenhöhe."
Für seinen nächsten Film recherchiert Kinshuk Surjan wieder in den ländlichen Provinzen Indiens. Diesmal will er die Geschichten der ohne Väter aufwachsenden jungen Männer erzählen.
Autorin TV-Beitrag: Petra Böhm
Stand: 28.10.2024 13:53 Uhr
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