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"Der Spieler"

"Der Spieler" | Bild: BR

Sucht kennt weder Väter noch Söhne, sagt ein chinesisches Sprichwort. Der Süchtige hört auf, das zu sein, was einen Menschen im Innersten ausmacht. Man sagt, die Sucht sorgt dafür, dass wir unsere Gefühle betäuben. Dostojewski, der selbst spielsüchtig war, hat darüber ein Buch geschrieben. Und Prokofjews Oper liefert einen treibenden Soundtrack für diesen Abgrund. Man hört die Kugeln rollen.

"Der Alptraum der Sucht ist das Leugnen."

Regisseur Peter Sellars
Regisseur Peter Sellars | Bild: BR

"Der Alptraum der Sucht ist das Leugnen", sagt Regisseur Peter Sellars. "Du sagst: 'Ich habe doch kein Problem, aber am Ende wachst du auf und sagst: 'Ja, ich habe ein Problem‘. Und das ist der Anfang der Lösung. Und Prokofjew gibt dir diese Akkorde, die dich bis ins Mark erschüttern."

Die Felsenreitschule ist in eine apokalyptische Landschaft, in der seltsame Untertassen schweben und sich im Rhythmus der Musik beschleunigen oder verlangsamen. Asmik Grigorian ist Polina. Hier die vielleicht einzige Figur, die noch Schmerz empfinden kann. Oder vielleicht danach süchtig ist? "Es ist unmöglich Polinas Entwicklung vorherzusagen. Oder was sie wirklich braucht", sagt die Sopranistin Asmik Grigorian. "Wahrscheinlich alles. Wie wir alle. Was will ich vom Leben? Wir brauchen Geld, klar und wir brauchen Liebe. Aber kann man das dann in einen Rahmen pressen, um einen Menschen und seine Gefühle vollständig zu erklären? Das funktioniert nicht."

Prokofjew hält uns den Spiegel vor

Sopranistin Asmik Grigorian
Sopranistin Asmik Grigorian | Bild: BR

"Ich finde das Stück wichtig im Hier und Jetzt", sagt Regisseur Sellars. "Denn wir alle drücken so viele Gefühle in uns weg und betäuben sie. Und sagen dann: 'Wir haben doch kein Problem.‘ Und gleichzeitig ist die gesamte Gesellschaft so süchtig und gierig und der Planet erzählt uns die ganze Zeit, wir müssen aufhören, so zu leben wie wir es tun. Und obwohl wir das Desaster direkt vor Augen haben, machen wir weiter und weiter und weiter." 

Prokofjew hält uns den Spiegel vor. Wenn wir bereit sind, sehen wir: Meister der Selbsttäuschung.

Autorin: Angelika Kellhammer

Stand: 11.08.2024 22:13 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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