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Italienische Autor:innen auf der Buchmesse

kritisch, kreativ, lesenswert

Ehrengast-Pavillon der Frankfurter Buchmesse
Ehrengast-Pavillon der Frankfurter Buchmesse | Bild: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Der offizielle Ehrengastauftritt Italiens auf der Frankfurter Buchmesse wirkt wie ein Spiegel der aktuellen Situation in der italienischen Literatur- und Medienlandschaft.

Das Gastlandmotto heißt: „Verwurzelt in der Zukunft“, doch im Italien-Pavillon und im Werbefilm dazu präsentiert sich das Land eindeutig rückwärtsgewandt. Gedreht wurde in der ältesten Bibliothek Roms, gepriesen werden dort Literaturgrößen wie Dante, Pirandello und Pavese, alle männlich und längst verstorben! Konservativ und nationalistisch wie die Politik, so soll sich italienische Kultur nach außen präsentieren, meint die ultrarechte Regierung. Und stößt damit auf reichlich Kritik, innerhalb und außerhalb der offiziellen Autorendelegation.

Wegen des Ausschlusses von Roberto Saviano zogen viele der eingeladenen Schriftsteller aus Solidarität und Protest ihre Zusage zurück, darunter Paolo Giordano und Sandro Veronesi. Auch der bekannte Literaturwissenschaftler Antonio Scurati, der sich in dem mehrbändigen Romanprojekt „M“ mit Mussolini und dem Aufstieg des Faschismus beschäftigt, hatte frühzeitig abgelehnt, Teil der Delegation zu sein.

Vor einigen Wochen wurde Saviano dann doch noch eingeladen, nahm aber nicht an und ist stattdessen als Gast seines deutschen Verlags Hanser, der Buchmesse und des ZDF in Frankfurt.

Die gerade mit dem wichtigsten Literaturpreis Italiens, dem „Premio Strega“, ausgezeichnete Donatella Di Pietrantonio ist Teil der Delegation, gehört aber gleichzeitig zu den 41 Autoren, die einen offenen Brief unterzeichnet haben, in dem sie die immer stärkere Einmischung der Politik in Kultur und Literatur kritisieren. Diese zeige sich „nicht nur in der systematischen Besetzung aller Entscheidungspositionen in der Kulturbranche nach politischer Treue, sondern auch in mehr oder weniger expliziten Formen der Zensur, in persönlichen, diskreditierenden Angriffen und in der skrupellosen Nutzung von Gerichtsverfahren gegen Schriftsteller, Journalisten und Intellektuelle durch die Machthaber“. Und gerade deshalb will sich Di Pietrantonio in Frankfurt nicht die Chance nehmen lassen, ihren neuen Roman „Die zerbrechliche Zeit“ (Verlag Antje Kunstmann) vorzustellen. Darin erzählt sie von einem realen Femizid in den Abruzzen und von einer patriarchal geprägten Gesellschaft, in der Frauen oft nur eine untergeordnete, abhängige Rolle zugewiesen bekommen. Das immerhin ist bei dieser Delegation anders: Es sind vergleichsweise viele Schriftstellerinnen dabei!

„ttt“ hat im Messetrubel mit den Autor:innen Paolo Giordano, Antonio Scurati und Donatella Di  Pietrantonio gesprochen, über ihre aktuellen Bücher, den Gastlandauftritt und die postfaschistische Regierung.


Beitrag: Celine Schäfer

Donatella Di Pietrantonio: „Die zerbrechliche Zeit“ (Verlag Antje Kunstmann), 2024, 224 Seiten, 22 Euro.
Paolo Giordano: „Tasmanien“ (Suhrkamp Verlag), 2023, 335 Seiten, 25 Euro.
Antonio Scurati: „M. Das Buch des Krieges“ (Klett-Cotta), 2024, 672 Seiten, 32 Euro.

Stand: 18.10.2024 12:25 Uhr

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