Sa., 07.08.21 | 16:00 Uhr
Das Erste
Hausstaub – nur lästig oder sogar gefährlich?
Hausstaub ist eine Plage. Egal, wie gründlich wir ihn entfernen, schon nach wenigen Tagen überziehen sich Schränke, Regale und andere Oberflächen erneut mit einer dünnen Schmutzschicht. Unschön, lästig – und möglicherweise sogar gesundheitsgefährdend. Gute Gründe, den feinen Puderschmutz physikalisch und chemisch genauer unter die Lupe zu nehmen.
Hausstaub: Eine ganz feine Mischung
Eine kurze Fahrt über die Tischkante und schon ist die Fingerspitze mit einer feinen grauen Masse überzogen. Doch der erste Farbeindruck täuscht. Unter dem Mikroskop zeigt sich, dass Hausstaub tatsächlich eine ausgesprochen bunte Mischung ist.
Ein großer Anteil des Hausstaubs entsteht durch Textilabrieb. Aus Kleidung, Bettwäsche oder Teppichböden. Entsprechend finden sich jede Menge winzige, vielfarbige Textilfasern im Staub. Eine der wichtigsten Beimischungen: Hautschuppen, sowohl menschliche als auch die unserer Haustiere. Außerdem findet man unter anderem: Teile von Pflanzen (Pollen, Blattpartikel, Samenfasern), Bruchstücke toter Insekten, Reste von Spinnweben oder feinen Sand, den wir an unseren Schuhsohlen und auf unserer Kleidung in die Wohnung getragen haben.
Zu diesen sichtbaren Bestandteilen kommen noch die mit bloßem Auge nicht wahrnehmbaren Feinstäube, die zum Beispiel in der Küche beim Braten oder Toasten entstehen, sich aus dem Laserdrucker in der Umgebungsluft verteilen, oder beim Abbrennen von Kerzen als winzige Rußpartikel aus dem Docht lösen.
Staubpartikel immer in Bewegung
In jedem Liter Wohnungsluft schweben bis zu 50 Millionen Staubpartikel. Sie steigen mit warmer Luft auf, und wenn die Luft sich abkühlt, sinken sie wieder ab und landen auf den Oberflächen von Regalen, Schränken und anderem Mobiliar. Diese Staubzirkulation erklärt auch, warum wir an bestimmten Ecken der Wohnung besonders viel Staub finden.
Eine der größten Staubschleudern – oder Staub-Umverteiler – sind wir selbst. Sogar wenn wir fast vollkommen stillsitzen, etwa wenn wir ein Buch lesen, setzen wir pro Minute rund 100.000 Staubpartikel frei. Bei leichter bis mäßiger Bewegung sind es schon 1 Million, und wenn wir uns schnell bewegen, bis zu 10 Millionen Partikel pro Minute.
Hausstaubmilbe: Ungebetene Mitbewohner
Unter den verschiedenen Räumen unserer Wohnung nimmt das Schlafzimmer in punkto Staub eine Sonderstellung ein. Dort ist in der Regel der Anteil der Hautschuppen im Staub besonders hoch, etwa 80 Prozent. Diese Schuppen – zusammen mit unseren Schweißausdünstungen und unserer Körperwärme – bilden den idealen Lebensraum für einen Parasiten: die Hausstaubmilbe. Das winzige Spinnentierchen mag es warm, feucht und ernährt sich ausschließlich von Hautschuppen. Der wissenschaftliche Name der Krabbler Dermatophagoides bedeutet wörtlich "Hautfresser".
Die Milben besiedeln Matratzen, Oberbett und Kopfkissen. Ein Teelöffel voll Schlafzimmerstaub enthält etwa 1.000 Milben und 250.000 ihrer Kotkügelchen. Diese Kügelchen sind so winzig, dass sie durch das Gewebe des Bettzeugs hindurch dringen und von den Schlafenden eingeatmet werden. Sie sind der Auslöser der Hausstauballergie. Betroffene können sich mit sogenannten Encasings, milbendichter Bettwäsche, schützen. Die Kosten werden – zumindest teilweise – von den Krankenkassen erstattet.
Der Hausstaub als Giftsammler
Doch der Milbenkot ist nicht der einzige Schadstoff, mit dem Hausstaub und Innenraumluft belastet sind. Auch Ausdünstungen aus Fußbodenbelägen, Möbeln, Tapeten oder Kunststoffgegenständen sammeln sich im Staub. Die winzigen Staubpartikel ziehen die noch viel kleineren Schadstoffmoleküle an und binden sie.
Das Umweltbundesamt und andere Institute haben mehrfach Hausstaubproben untersucht und stießen dabei auf eine ganze Reihe von Umweltgiften – Uúnter anderem Weichmacher, Biozide, Flammschutzmittel, PCBs und sogar das schon lange verbotene DDT. Dr. Marike Kolossa, Leiterin des Fachgebiets "Toxikologie, gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung" im Umweltbundesamt, findet das mehr als bedenklich: "Wirkungen, die mit diesen Stoffen verbunden sind, sind zum Beispiel Schädigungen des Immunssystems und Wirkungen auf verschiedene Organe. Einige dieser Stoffe stehen im Verdacht, Krebs zu erregen oder stören den Fettstoffwechsel oder begünstigen Fettsucht."
Regelmäßig lüften und putzen
Was also tun? "Gründlich lüften", empfiehlt Dr. Kolossa, "weil durch das Lüften generell die Innenraumluftqualität verbessert werden, und da werden auch ein Teil der Schadstoffe eben einfach ausgetragen." Und: "Regelmäßig putzen, und zwar feucht wischen und möglichst auch feucht Staub saugen. Das ist die beste und zuverlässigste Methode, Staub wieder aus dem Innenraum zu entfernen."
Herkömmliche Staubsauger, ohne oder mit unzureichendem Hepa-Filter (High Efficiency Particulate Airfilter), findet sie eher ungeeignet. Sie entfernten den Staub nicht aus der Wohnung, sondern würden zumindest die sehr feinen Partikel nur neu in der Innenraumluft verteilen, sodass die Bewohner sie dann noch leichter einatmen. Am effektivsten seien Mikrofasertücher, da sie mit ihren Faserbürstchen den Staub nicht nur einsammeln, sondern auch hervorragend festhalten. Reinigungsmittel sind dabei sogar überflüssig, ein leichtes Anfeuchten der Tücher ist ausreichend.
Autor: Thomas Wagner, NDR
Stand: 05.08.2021 15:00 Uhr