So., 25.01.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Die Darwin-Theorie
Die Evolutionstheorie zählt zu den großen Umwälzungen im wissenschaftlichen Weltbild. Bis ins 19. Jahrhundert galt die biblische Schöpfungsgeschichte als einzige Erklärung für die Entstehung der Arten und des Menschen.
Die Naturforschung war zu jener Zeit eingebettet in die so genannte "Natürliche Theologie". Danach schuf Gott Himmel und Erde sowie Pflanzen und alle Lebewesen. Die Vielfalt des Lebens, die Schönheit der Pflanzen und Tiere und deren perfekte Anpassung an die Natur galten als Belege für die Macht Gottes.
Die Grundlagen
Den Gedanken, dass die Entwicklung des Lebens auf der Erde von der biblischen Schöpfungsgeschichte abweicht, gab es bereits vor Darwin. Zu den bekanntesten Wissenschaftlern, die mit dem Gedanken der Evolution spielten, gehört der französische Botaniker und Zoologe Jean-Baptiste de Lamarck, der die Umwandlung von Arten in der Vererbung von Anpassungen sah, welche Eltern der Folgegeneration weiter gaben.
Seine Ideen, die er Anfang des 19. Jahrhunderts veröffentlichte, wurden in England als eine Bedrohung der politischen und religiösen Ordnung betrachtet und von Wissenschaftlern und Klerikern heftig bekämpft.
Die Liebe zur Natur
Charles Robert Darwin kam mit den modernen Ideen während seines Theologiestudiums in Cambridge in Berührung. Dort besann er sich auf seine Liebe zur Natur und beschäftigte sich mit Insektenkunde, Botanik und Geologie. Auf Empfehlung des Botanikprofessors John
Stevens Henslow heuerte er 1831 als Naturforscher auf dem Forschungsschiff HMS Beagle an. Die fünf Jahre dauernde Weltumseglung ist ohne Zweifel die Grundlage für seine weltberühmten Erkenntnisse.
Bei seiner Heimkehr 1836 hatte Darwin Arbeit für sein restliches Leben im Gepäck: 1529 Tiere in Spiritus, 3907 Felle, Knochen und Pflanzen und über 2500 Seiten mit Skizzen und Notizen zu Zoologie, Geologie sowie persönlichen Tagebucheinträgen.
Der Weg zur Theorie
Die Möglichkeit, ausführlich zu forschen, hatte sich Darwin während seiner Reise erarbeitet. Sein Mentor Henslow hatte einige seiner Briefe als "Letter on Geology" veröffentlicht.
Die ersten Gedanken zum Artenwandel hatte Darwin in den Jahren nach der Forschungsreise. Ausschlag gaben unter anderem die heute unter dem Namen Darwin-Finken bekannten Vögel auf den Galapagos Inseln.
Darwin stellte fest, dass auf jeder Insel miteinander verwandte Vögel leben, die sich in der Form ihrer Schnäbel unterscheiden. Ähnliches gilt für die Galapagos-Schildkröten. Sie haben auf jeder Insel unterschiedlich geformte Panzer. Darwin hatte die ersten Beispiele dafür gefunden, dass sich eine Art in unterschiedlichen Umgebungen zu unterschiedlichen Varietäten entwickeln kann.
Darwin wurde immer klarer, dass die Ergebnisse seiner Forschung der "Natürlichen Theologie" widersprachen. Je klarer seine Erkenntnisse wurden, desto größer wurde seine Scheu, sie zu veröffentlichen. Deshalb forschte er weiter, um seine Theorie so gut wie möglich zu untermauern.
Mut zur Veröffentlichung
Erst im Jahre 1858 wagte er den Schritt in die Öffentlichkeit. Auslöser war ein Brief von seinem Kollegen Alfred Russel Wallace, der bei seinen Forschungsreisen zu vergleichbaren Schlussfolgerungen gelangt war.
Der Vortrag am 1. Juli 1858 vor der Linnéschen Gesellschaft bewirkte zwar keine große Reaktion, jedoch war der Damm gebrochen. Darwin schrieb seine Erkenntnisse nieder und brachte 1859 das Werk heraus, welches das Weltbild und Selbstverständnis des Menschen für immer verändern sollte: "Die Entstehung der Arten".
Kritiker ebnen den Weg für den zweiten "Paukenschlag" Darwins
Wie befürchtet liefen bibeltreue Wissenschaftler und Kirchenmänner Sturm gegen Darwins "Evolutionstheorie". Obwohl Darwin in weiser Voraussicht die Abstammung des Menschen darin bewusst auslässt, entwickelten Kritiker schnell die Formel der Abstammung vom Affen. Dem vorherrschenden Weltbild entsprechend, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei, war das natürlich undenkbar und sollte Darwins Theorie ad absurdum führen.
Darwin forschte unbeirrbar weiter und veröffentlichte regelmäßig seine Erkenntnisse über die Entwicklung von Orchideen, Insekten und Haustieren. Erst 1871 folgt der zweite große Paukenschlag: "Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl". Darin erklärt er zum ersten Mal, dass Mensch und Affe gemeinsame Vorfahren haben.
Grundsätze der Theorie
Ein Kernpunkt der Darwinschen Theorie ist die natürliche Selektion. Danach gibt es in einer Generation viele Individuen mit unterschiedlichen Merkmalen. Die am besten an die Umwelt angepassten Exemplare geben ihre Gene an die folgende Generation weiter. Tiere und Pflanzen können sich so an Veränderungen der Umwelt oder unterschiedliche Bedingungen an verschiedenen Orten anpassen.
Weitere Kernaussagen der Darwinschen Evolutionstheorie sind:
– Alles Leben auf der Erde hat einen gemeinsamen Ursprung.
– Es gibt eine Evolution, das heißt, die Arten sind nicht unveränderlich.
– Es gilt das Prinzip der natürlichen Auslese / Selektion; die Evolution verläuft allmählich in ununterbrochener Generationenfolge.
– Aus der Veränderung folgt eine Vervielfachung von Arten.
Heute werden einzelne Punkte der ursprünglichen Theorie angezweifelt. Es ist zum Beispiel nicht bewiesen, dass die Entwicklung der Arten als kontinuierlicher Prozess statt findet. Jedoch stellen Darwins Erkenntnisse nach wie vor die Grundlage der modernen Biologie dar.
Bereits zu seiner Zeit hatte Darwin nicht nur Gegner. Schon zu seinen Lebzeiten setzte sich seine Theorie bei modernen Wissenschaftlern immer mehr durch. Wachsende Erkenntnisse zur Vererbung und die aufkommende Genetik führten dazu, dass Darwins Evolutionstheorie heute
von keinem seriösen Wissenschaftler mehr angezweifelt wird.
Autoren: Carsten Linder / Ulf Kneiding
Stand: 11.05.2012 13:06 Uhr