So., 06.09.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Hai frisst Mensch? Im Gegenteil!
Sharkfinning – Was ist das?
Auf allen Weltmeeren stellt der Mensch dem Hai nach. Haischutzorganisationen schätzen, dass 73 Millionen Haie im Jahr gefangen werden. Das lukrative Geschäft sind die Flossen. Fischer schneiden den Haien die Flossen ab und werfen die Körper danach wie Abfall über Bord. Dadurch ergibt sich ein größerer Stauraum an Bord der Schiffe und die Fischer können um so mehr Haie verarbeiten. Das Haifleisch erzielt lange nicht so hohe Gewinne wie die Flossen. Also werden die Tiere wie Müll behandelt. Die Beute der brutalen Fischer ist auf dem Weltmarkt sehr gefragt. Bis zu 500 Euro für ein Kilo Flossen zahlen die Kunden, so ein Bericht des renommierten Lenfest Ocean Program, das sich dem Schutz der Meere zur Aufgabe gemacht hat.
Sharkfinning ist seit 2003 verboten. Seitdem müssen Fischer Flossen und Körper an Land bringen. Die tatsächliche Zahl der gefangenen Haie soll so kontrollierbarer werden. Aber Sondergenehmigungen und illegale Fischerei machen die Verordnung wirkungslos. Tierschützer fordern seit Jahren verschärfte Kontrollen und verbindliche Fanghöchstgrenzen.
Haifischflossensuppe – Europäische Fischer verdienen mit
Die Fischer schneiden hauptsächlich die primären Haiflossen ab. Das sind die Rückenflosse und die beiden Brustflossen. Am begehrtesten ist aber der untere Schwanzflossenlappen. Der ist die Zutat für die in China beliebte Haifischflossensuppe. Sie gilt nicht nur als prestigeträchtiges Edelmenü, sondern es existiert ein hartnäckiger Mythos über die angeblich Potenz steigernden Inhaltsstoffe. Die Folge: Immer mehr Fischtrawler gehen mit Langleinen und Treibnetzen auf Hai-Jagd. Die chinesischen Importe von Haiprodukten erhöhen sich jährlich um 5 Prozent, schätzt die internationale Haischutzorganisation Shark Alliance. Ganz vorne mit dabei: Die Schiffe der Europäischen Union. Besonders Spanien ist als große Haifangnation bekannt. Circa ein Viertel der Flossen, die auf dem Flossenmarkt in Hongkong angeliefert werden, stammen aus der EU, weiß Heike Zidowitz, Koordinatorin der internationalen Haischutzorganisation Shark Alliance.
Ökosystem Meer kollabiert ohne Haie
Haie stehen an der Spitze der Nahrungspyramide. Seit über 400 Millionen Jahren existiert der Hai als oberstes Raubtier im Meer. In nur zwei Jahrzehnten hat der Mensch ihn fast ausgerottet. Tova Harel von der Micronesian Shark Foundation ist sich sicher, dass das Ökosystem einen großen Schaden davontragen wird. Haie fressen ganz bestimmte Fische. Diese werden sich sprunghaft vermehren, wenn sie keine Fressfeinde mehr haben. Ein Forschungsprojekt in der Karibik erbrachte jetzt den Beweis für diese komplexen ökologischen Zusammenhänge. Weil der Hai in den untersuchten karibischen Korallenriffen durch Fischerei stark dezimiert wurde, stieg die Zahl anderer Fleisch fressenden Fische, wie Barsche. Nehmen diese Räuber überhand, dezimieren sie die Algenfresser im Riff, wie zum Beispiel die Papageienfische. Die Pflanzenfresser im Riff halten allerdings die Korallen algenfrei. Die Forscher beobachteten überwucherte Korallenriffe, die mangels Lichteinfall abstarben. Ein fatale Kettenreaktion, die zeigt, dass sich der Zusammenbruch der Haipopulation sogar auf die Gesundheit der Korallenriffe auswirkt.
Engagement internationaler Haischützer
Auf Druck diverser Haischutzkampagnen gibt es neue Hoffnung für die Haie: einen Aktionsplan der Europäischen Gemeinschaft für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände. Er ist das Ergebnis eines Experten-Workshops in Brüssel. Biologische, fischereiliche und wirtschaftliche Daten wurden ausgewertet und Empfehlungen entwickelt, um das Finning zu unterbinden. Außerdem fordern die Verfasser mehr Geld für Forschung über die Bestände, Beobachter an Bord der Fischer, verbesserte Statistik für genauere Daten über Haibewirtschaftung sowie die Einführung von Schonzeiten und Sperrzonen.
Der Beitrag ist entstanden mit freundlicher Unterstützung des Tierpark Hagenbeck in Hamburg und des Meereszentrums auf Fehmarn.
Adressen & Links
Die Homepage einer internationalen Hai-Schutz-Organisation, auf der man sich auch selbst engagieren kann (Englisch):
www.sharkalliance.org
Projekt zur Rettung und zum Bestandsschutz der Haie:
www.sharkproject.org
Autorin: Britta Kunft (NDR)
Stand: 10.11.2015 14:19 Uhr