So., 22.11.09 | 17:03 Uhr
Das Erste
Kommissar Hightech
Im Kampf gegen das Verbrechen kommt immer häufiger Kommissar Hightech zum Einsatz. Mediziner und Chemiker, Kriminalbiologen und Techniker holen aus den kleinsten Spuren sehr viele Informationen. Blutspritzer ersetzen den Personalausweis, Computer identifizieren Handschriften, Leichen beginnen zu reden. Doch wie zuverlässig sind kriminaltechnischen Methoden?
Überführung per Fingerabdruck
Einbrechen erfordert Fingerspitzengefühl, denn leicht kann man verräterische Spuren hinterlassen: Fingerabdrücke zum Beispiel. Auch wenn die Ermittlungsmethoden der Polizei immer moderner werden, der Fingerabdruck gilt seit 150 Jahren als verlässliche Spur. Noch immer werden dank ihm viele Täter überführt. Schließlich ist jeder Fingerabdruck einzigartig, aber auch unveränderlich?
Die Abdrücke eines Straftäters haben sich verändert. Es gab keine seltene Erkrankung, keine Verletzung. Doch nach mehreren Jahren sind lauter neue Pünktchen und Linien zu sehen. Ist der Fingerabdruck als Beweis damit wertlos? Das Phänomen ist keine Rarität, bei jedem Zweiten tauchen im Alter die sogenannten Zwischenleisten auf – eine natürliche Alterserscheinung, mit der die nachlassende Tastempfindlichkeit der Hauptleisten ausgeglichen wird. Doch den Zwischenleisten fehlt etwas, was normale Hautleisten haben: Schweißporen. Als helle kleine Punkte sind sie in jedem Abdruck zu erkennen. Beim Abdruckvergleich werden nur die „echten“ Hauptleisten gezählt. Um den Täter eindeutig zu überführen, genügt es 12 unveränderliche Merkmale zu finden: Gabelungen, Haken, Inseln. Der menschliche Fingerabdruck bleibt also einzigartig und unverwechselbar – selbst bei eineiigen Zwillingen.
Genetischer Fingerabdruck
Auch wer eigentlich nur etwas mitgehen lassen will, hinterlässt etwas am Tatort: seine biologische Visitenkarte. Die steckt schon in der kleinsten Hautzelle, genauer im Zellkern, in der DNA. Sie liefert eine für jeden Menschen unverwechselbare Kennung, den genetischen Fingerabdruck! Ist eine Spur gesichert, wird die in der Probe enthaltene DNA isoliert und vermehrt. Die gefundenen DNA-Mengen sind in der Regel sehr gering. Deshalb müssen die entscheidenden Erbgutabschnitte millionenfach vervielfältigt werden. Erst dann kann man sie untersuchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen das gleiche DNA-Muster besitzen, ist nur eins zu einer Milliarde.
Doch genetischer und echter Fingerabdruck führen nur dann zum Täter, wenn der schon einmal registriert wurde. Oder wenn es einen Verdächtigen gibt, von dem die Polizei Vergleichsproben nehmen kann. Ein weiteres Problem: Auch die Ermittler tragen DNA-Spuren an den Tatort. Um Fehlerquellen auszuschließen, wird ihre DNA deshalb im Zweifelsfall gegengeprüft.
Ermittler in der Tierwelt
Eine andere Methode kommt zum Einsatz, wenn es zwar keine Spuren am Tatort, aber einen Verdächtigen gibt. Um dessen Alibi zu überprüfen, muss die genaue Tatzeit, also der Todeszeitpunkt des Opfers ermittelt werden. Schwierig ist das besonders bei fortgeschrittener Verwesung. Auch wenn in diesem Beispiel eine Leiche weitgehend unversehrt aussieht – am Kopf haben Maden schon nach wenigen Tagen ganze Arbeit geleistet. Sie helfen dem Kriminalbiologen, die Liegezeit der Leiche zu bestimmen - sofern es ihm gelingt, die Maden präzise einer Art zuzuordnen und anhand der Größe ihr Alter zu bestimmen.
Die Mundwerkzeuge verraten, dass es sich in diesem Fall um Nachkommen einer Blauen Schmeißfliege sind. Doch erst die Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop kann klären, um welche der fünf bei uns lebenden Arten es sich genau handelt. Ergebnis in diesem Fall: Die Leiche hat vier Tage im Freien gelegen. Kleine Tierchen als unbestechliche Zeugen? Auch die Kriminalbiologie hat Grenzen und birgt Fehlerquellen: Medikamente, die eine Person eingenommen hat, können die Entwicklung von Insekten beschleunigen oder bremsen. Auch Lichteinfall und Wetter beeinflussen ihren Lebenszyklus. Und dennoch: Manchmal helfen auch unscheinbare Maden dabei, einen Täter zu überführen.
Autor: Markus Hubenschmid (SWR)
Stand: 11.05.2012 13:09 Uhr